Zum Hauptmenü Zeichnungen Projektideen Projekte Multimedia Journal Galerie Themen Selektor


Ladechablonen & Gleiswagen der königlich bayerischen Staatseisenbahnen


Jürgen Riedl

Ladechablonen

Wie so oft hilft der Zufall zu neuen Einsichten. Im Rahmen meines Bauprojekts " Schwabmünchen 1848 - 1858", der Rekonstruktion des Bahnhofs Schwabmünchen der Ludwig - Süd - Nord - Bahn (LSNB) und seiner Umsetzung ins Modell im Massstab 1:87, suchte ich nach irgendeinem Hinweis, wie, neben anderen Dingen, ddie Ladechablone um diese Zeit ausgesehen haben mag. Bei der sorgfältigen Durchsicht des sehr lesenswerten Buches von Beatrice Sendner-Rieger "Die Ludwig-Süd-Nord-Bahn" und der dort abgebildeten Bahnhofsaquarelle von Karl Herrle, einem Ingenieuer und Maler, erkannte ich im Bahnhof Günzach ein Holzgerüst, dass wie eine Ladechablone aussah. Was mich an diesem Ladechablone erstaunte, war die Form des Lichtraum-Profils. Dies war eine Spitzbogen, wie er später als Maximiliansstil bekannt wurde (nach König Maximilian von Bayern), und mit dem Namen Friedrich Bürklein im Zusammenhang steht. Friedrich Bürklein war der Architekt vieler Bahnhöfe, z.B. entwarf er Schwabmünchen 1846, Breitengüßbach 1845 und ebenso die Umbauten und Erweiterungen von Augsburg 1868, als auch anderer representativer Bauten in Bayern, in München z.B. die Maximiliansstrasse und das Maximilianäum - der heutige Landtag.

Lademass Guenzach Aquarel Karl Herrle
Abb. 1: Lademass Guenzach Aquarel Karl Herrle

In Konkurenz zu Friedrich Bürklein stand Gottfried Neureuther. Er lehnte den romanisierenden Spitzbogenstil ab, der besonders in München der 1850er um sich griff. Er vertrat den Rundbogenstil, der sich Anleihen aus der römischen Villenarchitektur nahm. Der Rundbogenstil führte ab etwa 1868 (z.B. Simbach a. Inn 1868, G. Neureuther) zu einer Klasse von Bahnhofsbauten in Bayern, die als Architektur des "bayerische Würfels" bezeichnet werden. So entwarf bereits 1845 Gottfried Neureuther den Bahnhofe Kulmbach im Rundbogenstil der auch so realisiert wurde. Jedoch konnte sich während der Regentschaft von König Maximilian G. Neureuther gegen F. Bürklein nicht durchsetzenund damit auch nicht der Rundbogenstil. Dieses änderte sich erst nach dem frühen Tod von König Maximilian der für G. Neureuther einen steilen Aufstieg brachte und für F. Bürklein einen jähen Absturz. Erstaunlich, wie das Schicksal diese beiden herrausragenden Architekten miteinander verbunden hat.

Für das Thema "Ladechablone" startete ich zunächst mit vier in meiner Sammlung vorliegenden Pläne. Die Einladung zweier Länderbahnfreunde – W. Uhl & Dr. G. v. Rosen - ihr Archiv durchzuschauen, förderte weitere fünf Varianten hervor und zeigt damit, wie die Kgl.Bay.Sts.B. auf die verschiedenen bayerischen, nationalen, internationalen und ökonomischen Randbedingungen aufnahm, vorantrieb und umsetzte. Erfreuen Sie sich deshalb in etwa chronologischer Reihenfolge an der Entwicklung der Ladechablonen der Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen.

Lademass 1846, Profil 1
Abb. 2: Lademass 1846, Profil 1

Ladechablone bay. Normalprofil 1, 1846

Weil in Bayern wie schon ausgeführt der Spitzbogenstil gepflegt wurde als Karl Herrle das Aquarell erstellte, war ich mir unsicher, ob hier die künstlerische Freiheit seitens Karl Herrle wirkte, andererseits sind seine Gemälde von einer Präzision, die vermuten lässt, dass alle Gegenstände, die er porträtierte, ihm als Planunterlage vorgelegen haben müssen.

Eine aufwendige Suche im DB-Museum Nürnberg nach Unterlagen der LSNB ab 1845, fürte nach knapp 2 Jahren schliesslich zu Erfolg: überglücklich fand ich eine Zeichnung, die eben genau diese Ladechablone mit Spitzbogen darstellt, konstruiert, als der König Ludwig I noch regierte und der spätere Spitzbogenstil Maximilians noch nicht sichtbar war. Und die Zeichnung barg eine weitere kleine Sensation, die meines Wissens noch nirgendwo sonst veröffentlicht wurde: einem kleineren Lichtraumprofil als heute.

Eine Holzständer-Kopfbalken-Konstruktion bildete das Gerüst für die Ladeschablone. Die Ständer waren in die Erde eingegraben, evtl. einzementiert. Der Teil des Ständers, der in der Erde fixiert wurde, war das ursprüngliche, rohe Rundholz. Der Teil, der sichtbar das Gerüst konstituiert, ist ein zugehobelter Vierkant, in unterschiedlicher Höhenstaffelung verjüngt, die Kanten gefast. Das Fasen von Kanten war zu jener Zeit ein beliebtes Stilmittel, das auch beim Hochbau z.B. bei Fensterrahmen und -türen sowie Gebäudeecken zur Anwendung kam. Im Detail weist dieser Vierkant über dem Boden bis zur Höhe von etwa 36 cm einen Querschnitt von cirka 30,3 cm auf (die cirka Masse sind dadurch begründet, als die Originalzeichnungen bis etwa 1861 in bayerischen Fuss ~ 29,18 cm vermasst waren). Der Übergang von diesem Querschnitt zu dem nachfolgend verjüngten Querschnitt ist mit 45° Fase versehen und in der Höhe mitgerechnet. Dann verjüngt sich das Profil auf einen Querschnitt von 23,3 cm bis auf die lichte Höhe von 4,52 m (die lichte Höhe wird vom Schienenstuhlfuss gemesen. Bis zur Schienen -Oberkante "SO" beträgt das Mass etwa 15cm bei der normalen Doppelköpfigen Stuhlschiene (1844) und etwa 18cm bei der starkköpfigen Stuhlschiene (1854)). Auf den beiden Ständern liegt ein Kopfbalken auf, der an beiden Enden mit in dieser Zeit üblicher Ornamentik versehen ist und an den beiden unteren Kanten 2malig gefast. Der obere Teil des Kopfbalkens ist in Form eines Walmdaches gehobelt, und wurde mit Blech aus Kupfer oder Zink zum Schutz des Holzes beschlagen. Die lichte innere Breite zwischen den verjüngten Ständern betrug 3,46 m. Die mit dem Spitzbogen versehenen Schablone ist den Unterlagen nach warscheinlich aus vierkant Holzleisten (52x52mm)gezimmert worden, und an metallenen Beschlägen vierfach aufgehängt.

Lichtraum Profil 1
Abb. 3: Profil 1, Lichtraumprofil

Haltbar gemacht wurde die hölzerne Ladeschablone von 1846 warscheinlich wie damals in der Landwirtschaft üblich, denn die Druckimprägnierung war noch nicht erfunden. Der Teil des Pfostens von Viehzäunen und anderer Einfriedung, der in der Erde vergraben werden sollte, wurde durch gezieltes Ankohlen in einem Feuer haltbar gemacht. Oberhalb der Erde wurde Ölfirnis oder Ölfarbe verwendet, wenn wirtschaftlich vertretbar.

Rechterhand ist das zu 1845 zugehörige Lichtraumprofil dargestellt. Es enthält nicht nur für Güterwagen gültige Masse, sondern auch die Ausschnitte, die z.B. für Lokomotivschlote und -funkenfänger, sowie Zylinder, Schneepflug und offene Türen eines Coupès 1ter Klasse.

Die Versammlung deutscher Eisenbahn-Techniker 1850

Zu Beginn der Länderbahnen dachte man noch nicht daran, den Übergang eines Wagens von einer Gesellschaft zur anderen durch ein einheitliches Lichtraumprofil zu ermöglichen, denn in der Anfangszeit waren die Bahnen noch nicht miteinander verbunden. Zusätzlich wurden die ersten Bahnen durch Aktiengesellschaften erbaut, die das wirtschaftliche Risiko trugen. Der Staat war daran ausser der Vergabe einer Konzession nicht beteiligt. Das führte dazu, dass jede Gesellschaft eigene Normalien aufstellte. Das führte zu Bemühungen des Verein Deutscher Eisenbahn Verwaltungen die Eisenbahntechnik zu vereinheitlichen. So waren z.B. die Puffer der frühen bayerischen Eisenbahnen auf der geringen Höhe von 0,66 m angebracht, bei einer Breite von 1,626m. Als Normal gilt heute einen Höhe von 1,040m bei einer Breite von 1,75m. Natürlich mussten sich daraufhin die Normen der Länderbahnen angleichen, denn weniger die Lokomotiven als viel mehr die Güterwagen waren aufgrund des Warenhandels zwischen den angrenzenden Länder einem hohen Austausch unterworfen. So formulierte die Versammlung der deutschen Eisenbahn-Techniker zu Berlin im Februar 1850, in ihren "Grundzüge für die Gestaltung der Eisenbahnen Deutschlands", unter dem Titel:

Freiraum für die Bahn

§12 „Die freie lichte Höhe über der ganzen breite eines jeden Bahngeleises soll weinigstens 15 Fuss 9 Zoll [englisches Mass, J.R.] über den Schienen betragen“.

Wagen

§205 „Die Höhe der Wagen soll mit den höchsten Punkten ihres festen Oberbaues nicht mehr als 12 Fuß 4 Zoll über den Schienen hoch seyn“

Ebenso wurde unter der Hauptüberschrift „Sicherheitspolizeilich Anordnung“ verlangt dass:

Zustand der Bahn

§17 „Lademaß. Zur Prüfung des Maaßes der Ladung offener Güterwagen mit bezug auf den Durchgang derselben unter Brücken, durch Tunnels und an festen Punkten vorbei, soll auf jedem Güter-Bahnhof eine Vorrichtung zur Prüfung des inne gehaltenen Maaßes angebracht werden“

Im Staatsvertrag zwischen der bayerischen und würtembergischen Regierung über die Erbauung der Augsburg-Ulmer Bahn, indem Ulm als der Kreutzungspunkt der bayerischen und würtembergischen Strecke bestimmt wurde, heisst es unter anderem:

„Die in beiden Staaten für alle Eisenbahnen bereits festgestellte Spurweite von 4 Fuß 8 ½ Zoll engl. Maaßes gilt auch für die Bahn von Augsburg bis in den Bahnhof zu Ulm. Bezüglich des Transportmaterials soll die Gleichmäßigkeit in der Weise hergestellt werden, daß die zum Waarentransport bestimmten Wagen ohne Hinderniß von der einen Bahn auf die andere übergehen können. Zur Erziehlung der größtmöglichen Übereinstimmung in den Konstrukzions-Verhältnissen der beiderseitigen Eisenbahnen und ihres Zubehörs sollen die mit der durchführung beauftragten Technicker sich gegenseitig die detaillierten Baupläne über die Grenzstrecken und sonstige hierauf bezügliche Nachweise mittheilen, und während des Baues in stetem Benehmen miteinander bleiben“.

So ist verständlich, dass einerseits die Zunahme des Eisenbahnverkehrs und besonders der Güterverkehr, der bis zur Jahrhundertwende 1900 bis zu ¾ aller Transportleistungen der Bahnen bestimmte die Vergrösserung des Lichtraumprofils verlangte, so wie wir es heute kennen. Und was hier für Deutschland betrachtet wurde, gibt es auch für den Übergang von Wagen der verschiedenen Staaten ebenfalls Verträge, die heutzutage durch das UIC Lichtraumprofil festgelegt wird.


Abb. 3: Lademass der bayerischen Ostbahnen BOB

Aichmaß der BOB, Variante des bay. Normalprofil 1, um 1858

Nebenstehender Zeichnung zeigt das Aichmaß der „königlich privilegierten bayerischen Ostbahnen“ (die Zuordnung zur KBE wird in der Zeichnung noch bereinigt). Hier wurde das bayerische Nomalprofil 1, der Spitzbogen, durch einen Rundbogen variiert, bei sonst identischer Höhe und Breite. Diese Variante der Ladeschablone, dürfte ab 1858 gebaut worden sein. Entsprechend der Normalien der BOB ist in der Originalzeichnung ein Breitfussprofil eingezeichnet. Schauen Sie genau hin: wer hätte gedacht, dass so ein Mass aus abgehängten Kugeln bestehen kann? Als ich die Zeichnung zu Gesicht bekam, hatte ich im ersten Augenblick die Assoziation dass anstatt der Kugeln Schellen dort hingen, die ein Berühren klingelnd anzeigen - Till Eulenspiegel läßt grüßen. Die Kugeln sind nach Originalzeichnung wohl aus Holz gefertigt worden, bei stärkerem Wind dürften sie ordentlich umeinander geschlagen haben. Vielleicht hatte die hölzerne Ausführung der Kugeln verhindert, dass der zu bemessenden Wagen dabei beschädigt wurde. Der Bau gestaltet sich einfach: der hölzerne Rahmen, und an Stangen und Ösen die Kugeln beweglich und freischwingend aufgehängt.

Ladechablone bay. Normalprofil 2, 1861 & 1867

Durch den prosperierenden Güterverkehr mussten die Wagen grösser werden, so dass das bayerische Normalprofil 1861 revidiert wurde, bevor mit dem Staatsbahn-Wagen-Verbande noch einmal 2 erweiterte Lichtraum Profile eingeführt wurde.

bayerisches Lademass 1861
Abb. 4: bayerisches Lademass 1861

Die beiden Ladeschablonen oben und unten sind nach Normal-Profil 2 von 1861 gebaut, oben die Schablone aus geschmiedetem Flacheisen mit Breitseite des Profils in der Papierebene, unten mit Breitseite des Profils senkrecht auf der Papierebene. Die obere Schablone ist oben beweglich aufgehängt, die untere seitlich beweglich und in der Mitte wie eine Türe geteilt. Damit weist die untere Schablone in ihrerer Bauweise schon auf die zukünftigen modernen Verbands-Lademasse hin. Obwohl beide noch immer aus einem hölzernen Rahmen gebaut sind, weisen sie im Detail Unterschiede auf. Die obere Ladechablone behält die lichte Breite von 1845 bei, die lichte innere Höhe vergrössert sich auf 4,64 m (SO bei 12,5 cm). Interessanter weise reicht die Höhe des unteren Ständerquerschnitts bis auf 47cm. Der Kopfbalken ist unverändert der von 1845. Die Schablone ist aus Flacheisen mit Querschnitt von etwa 3,6 cm x 2,2 cm geschmiedet.

bayerisches Lademass 1867, Variante
Abb. 5: bayerisches Lademass 1867, Variante

Diese Ladechablone erweiterte seine lichte Breite auf 3,67 m, seine lichte Höhe aber nur auf 4,60 m. Die Holzständer sind in den Basismassen gleich der oberen Ladechablone. Durch die grössere lichte Breite ist der Kopfbalken ebenfalls verbreitert, aber ansonsten wie die Ladechablone von 1845 gehalten. Nur die beiden Fasen unten sind nun ungeteilt. Die Schablone selbst ist aus Flacheisen von Querschnitten 60 mm x 12 mm an der Seite, an denen die Scharniere angreifen gefertigt, in dem Polygonzug das Normal-Profil 2 begrenzend aus 60 mm x 9 mm Flacheisen und in den Abstrebungen oben, das Normal-Profil 2 haltend und am oberen Schanier befestigt, aus 60 mm x 8 mm Flacheisen.

Die drei Normalprofile der Kgl.Bayr.Staatsbahnen, 1861

In der Zeichnung der bayerischen Staatsbahn dargestellt sehen Sie die "Drei Normal-Profile des lichten Raumes zu beiden Seiten und über den Geleisen der Kgl.Bayr.Staatsbahnen" das engste Profil (innerste Linie), die vermutlich ab etwa 1844 gültige "Ladechablone" für alle Wagen, welche in die alten Ladehallen und Remiesen unterzubringen sind, ein weiteres Profil (mittlere Linie), die "Chablone" für Ladungen der Wagen mit aussnahmsweise großen und unteilbaren Gegenständen, welche nur die freien Geleise der Kgl.Bayr.Staatsbahnen passieren, aber nicht in Ladehallen oder Remisen gehen, laut "Entschliessung der General-Direktion vom 21.3.1861 No. 3285 und vom 4.6.1861 No. 14370", und (äusserste Linie) das weiteste Profil die Umgrenzung des lichten Raumes (Regellichtraum), definiert durch den Verein der Eisenbahn Verwaltungen - Vereinsprofil - nach welcher bei Neubauten oder Umbauten und zwar nach dem Profil links alle Objekte an und über Geleisen in freier Bahn, und nach jenen rechts die an den nicht mit Peronenzügen zu befahrenden Geleisen stehenden Bauten herzustellen sind (in den Orginalunterlagen fälschlicherweise als für eine Ladechablone gültig beschrieben).

Lichtraum Profile 1, 2, 3
Abb. 6: Lichtraum Profile 1, 2, 3

Bay. Ladechablone mit internationalem Profil um 1867

Tja, und das ist wirklich sensationell, eine weiteres Ladechablone wich sowohl vom bayerischem als auch vom Verbandsprofil ab, es ging noch restriktiver mit dem erlaubten lichten Raum um. Dieses engere Profil wurde für den internationalen Wagenaustausch gebaut. Das Kochrezept dazu: der bekannte hölzerne Rahmen wird beim Zimmermann bestellt - auf die Masse brauche ich nun nur noch wenig eingehen - und baue dazu die nötigen Schablonen, darauf gehe ich dann detaillierter ein.

bayerisches Lademass fuer internationalen Wagenaustausch
Abb. 7: bayerisches Lademass fuer internationalen Wagenaustausch

Die Ladeschablone ist eine Rundbogentoreinfahr mit einem Halbkreisradius von 1,5m, aus geschmiedetem Flacheisen mit Breitseite des Profils senkrecht auf der Papierebene. Die Schablone ist seitlich beweglich aufgehängt und in der Mitte wie eine Türe geteilt. Im rechtem Bildteil erkennt man innen die internationale Rundbogen-Begrenzung (exlusiv Zabern-Avricourt u. Wilhelm-Luxemburg-Bahnen) folgend das Normalprofil für den Wagenverband - Lademass 1 - und aussen die Normal lichte Begrenzung für Bauten im Verband der deutschen Länderbahnen.

Nun zu den Bautechnischen Details: der Ladechablonen-Rahmen erhält die lichte Breite von 3,37 m, ist damit sogar schmaler als bei der Ladeschablone von 1845, die lichte innere Höhe vergrössert sich auf 4,775 m (SO bei 12,5 cm). Die Höhe des unteren Ständerquerschnitts reicht bis auf 47cm. Der Kopfbalken ist unverändert wie bei den anderen hölzernen Ladechablonenen. Das Lademaß selbst, daß das Torprofil nachbildet, ist aus Flacheisen von Querschnitten 60 mm x 11 mm , die Abstrebung am oberen Scharnier aus 60 mm x 8 mm Flacheisen. Die Spitze der Ladeschablone ist von der SO 4,40 m entfernt.

Bay. Ladechablone nach Verbandsprofil 1&2 , um 1870

Im Bild unten unschwer zu erkennen, wurde für Wagen und (Dampf-) Lokomotiven das Lichtraumprofil, wie wir es aus Reichsbahn und Bundesbahnzeit her kennen, bereits um etwa 1870 realisiert. Dabei ist das Lademaß 2 die Begrenzung, die die festen Teile von Wagen und Lokomotiven in geradem Gleis nicht überschreiten dürfen (innere Maßlinie). Lokomotivschornsteine dürfen über Lademaß 2 hinausragen, müssen aber innerhalb der Umgrenzung von Lademaß 1 bleiben (äußere Maßlinie). Jede Lokomotive muß die Option bieten, dass der Schornstein auf die Umgrenzung Lademaß 2 zurückgerüstet werden kann. Die an Fahrzeugen anzubringenden losen Teile müssen im allgemeinen innerhalb der Umgrenzung von Lademaß 2 bleiben, über die Begrenzung des Lademaß 2 hinaus bis maximal zu Lademaß 1 hinein dürfen Signalscheiben, Signallaternen und Leinenhaspeln ragen.

Lademass Verbandsbauart in Bayern
Abb. 8: Lademass Verbandsbauart in Bayern

Die Ladechablone ist aus einem Gerüst von 18cm x 9 cm Doppel-T-Eisen (Ständer) und 18 cm x 6 cm U-Eisen (Kopf) gefertigt, und über Knotenbleche miteinander verbunden. Die lichte Breite zwischen den Doppel-T-Eisen beträgt 3,70 m, die lichte Höhe über SO 4,875 m. Die Schablonen für Lademass 1 öffnet nach hinten, die Schablone für Lademass 2 nach vorn. Die Scharniere sind dementsprechend nach hinten und vorn versetzt, so dass das Mass wie im Bild links oben geschlossen werden kann. Die Schablonen Flacheisen liegen wieder senkrecht zur Papierbene orientiert, die Masse gehen aus der Zeichnung nicht hervor, die Annahme ist die selben Masse wie bei der Schablone 1861 "modern".

Bay. Ladechablone nach Verbands-Lademaß 1 und internationalem Profil, 1894

bayerisches Lademass international und Verband
Abb. 9: bayerisches Lademass international und Verband

Sehr kreativ ging man zu Werke, das Verbandsmass (Profil1) mit dem Internationalen Mass zu kombinieren wie oben gezeigt. In der Zeichnung sind beide Profile beweglich wie Türen angeordnet, ein Profil klappt nach vorne, das andere nach hinten. Befestigt sind die Schablonen an U-Trägern mit Mass 140 mm x 65 mm. Über Knotenbleche ist der Kopf-U-Träger verbunden. Die Flacheisen liegen wieder senkrecht zur Papierebene, sie dürften so stark sein wie beim Mass von 1861 beschrieben. Die lichte Breite zwischen den U-Trägern beträgt 3,70 m, die lichte Höhe über SO 4,80 m. Die beiden U-Ständer dürften in Beton eingegossen worden sein, gegen das Kippen in Fahrtrichtung wurden die U-Ständer mittelst Winkel gestützt.

Bay. Ladechablone nach Verbands-Lademaß 1 und internationalem Profil, vereinfacht, um 1894

Lademass international und Verband, 1894
Abb. 10: Lademass international und Verband, 1894

Nun, die Kombination eines Verbandsmasses mit Internationalem Mass lässt sich vereinfachen. Das kleinere internationale Mass ist wie zuvor an Scharnieren aufgehängt, die Ladeschablone ist wie zuvor aus U-Trägern zusammengebaut. Das Verbandsmass ist durch 4 fest angeschraubte Bleche realisiert, 2 oben und weitere 2 etwas tiefer, die Unterkante des Kopf-U-Träger exakt auf Verbandsmasshöhe. Da durfte man sich nicht vertun, ansonsten wird die Ladechablone beschädigt. Wenn das internationale Lademaß geöffnet war, formten seine Seiten automatisch die Seitenbegrenzung von Verbandsprofil 1.

Bay. Ladechablone nach Verbands-Lademaß 1&2, vereinfacht, 1895

Damit erschöpften sich die Bauweisen der Ladechablonen in Bayern immer noch nicht. Für eine untergeordnete Station, wo der Güterbetrieb warscheinlich zu wenig Ertrag abwarf, wurde sogar eine hölzernes Ladechablone aufgebaut, dass beide Verbandsprofile wiedergab. Betrachten Sie sich bitte das untere Bild, die Ladechablone hat offensichtlich nur ein Profil. Nun zum Trick: die Ladechablone lies sich höhenverstellen! Dazu wurden beidseitig jeweils am Fusse der Ständer ein Bolzen herausgezogen, und das Profil hinauf gehoben oder hinunter gelassen und wieder fixiert. Das ist Sparsamkeit.

hoelzerne Ladeschablone Bayern 1895
Abb. 11: hoelzerne Ladeschablone Bayern 1895

Damit die Ladechablone leichtgewichtig und die nötige Stabilität aufwies, besteht der Ständer aus 70 x 60 mm² Kantholz. Abgestrebt und damit das Verbandsprfil formend ist es mit 5x3 cm² Latten. Diese Latten dürften auf die 7x6 cm² Ständer aufgesetzt worden sein und nicht zimmermannstechnisch eingelassen. Ob die Lattung beidseitig an den Ständern angebracht wurde, ist aus der Zeichnung nicht ersichtlich. Vermutlicherweise ist sie einseitig, ansonsten wäre eine Anmerkung darüber zu finden. Die höhenverstellbaren Ständer sind durch 2 U-Eisen gefasst, mit Innenquerschnitt von 7 x 3 cm². Die Passung muss eng gewesen sein, einmal um ein Kippen der Ladechablone zu vermeiden, andererseits um Wasser nicht in die U-Eisenfassung einfliessen zu lassen.

Wenn die Ladeschablone nicht benutzt wurde, so wurde sie in, an oder unter den Ladeschuppen gebracht. Die Eisenfassung wurde dann verschlossen. Danke an Jürgen Pepke , der mir diese Information beisteuerte. In dem Plan des Lademasses Abb.11 ist übrigens der Pflock eingezeichnet und die Funktionsweise beschrieben.

In 2005 wurden von Berthold Rolapp noch 2 solche Schablonen entdeckt, die eine in Halfing und die andere in Thalmässing. Beide Ladeschablonen sind zusätzlich noch in der Mitte geteilt, um offenbar durch eine Person getragen werden zu können. Die Schablone in Thalmässing ist zusätzlich durch Knotenbleche verstärkt.

hoelzerne Ladeschablone in Halfing
Abb. 11a: hölzerne Ladeschablone Bayern in Halfing
hoelzerne Ladeschablone in Thalmässing
Abb. 11b: hölzerne Ladeschablone Bayern in Thalmässing

Bay. Ladelehre nach Verbands-Lademaß 1&2, 1899

Zu allerletzt möchte ich Ihnen nun die letzte Variante einer bayerischen Ladelehre mit Verbandsprofil vorstellen.

Lademass 1899, Bayern, Verbandsprofil
Abb. 12: Lademass 1899, Bayern, Verbandsprofil

Diese Ladelehre ist bereits sehr aufwändig konstruiert. Das Gerüst ist aus 180 mm x 70 mm U-Trägern aufgebaut. Jeder Ständer ist am Fuss mit jeweils zwei 60 x 60 mm² Winkeleisen senkrecht zur Fahrtrichtung und in und entgegen der Fahrtrichtung abgestrebt Die Ständer sind durch eine Leiter aus U-Flacheisen besteigbar. Das grössere Profil 1 ist aus 20mm Durchmesser Rundeisen geformt. Das untere Rechteck begrenzt damit gleichzeitig das Profil 2. Der obere Teil des Profil 1 schwenkt über eine Kette angetrieben und mit Ausgleichsgewicht versehen nach ober aus, damit ist man wieder bei der Konstruktion von 1845 angekommen. Der obere Teil des Profil 2 öffnet sich wie eine Tür entgegengesetzt zur Schwenkrichtung von Profi 1.

Gleiswaagen

Ladechablone, Aichmaß oder Ladelehre, wie sie bei den frühen bayerischen Staatsbahnen hiessen waren natürlich und sind es noch heute meist mit einer Gleiswaage verbunden. Interessanterweise wurden Gleiswaagen beim Bau der LSNB in den Ladeschuppen eingebaut, in unmittelbarere Nähe von Aufenthaltsräumen. Bis etwa 1860 wurden Güterwagen in Schuppen eingefahren und be- und entladen, erst später setzte es sich durch, das Ladegleis ausserhalb des Schuppes anzuordnen und die umbaute Schuppenfläche als Lagerort zu nutzen.

Gleiswaage mit Waaghaus 1845

Das für 1845 dargestellte Modell stammt vom Bau des Bahnhofs Kulmbach, als noch provisorische Gebäude aufgestellt wurden, bis die endgültigen Gebäude den Betrieb aufnehmen konnten. Anders als später stand der zu wägende Güterwagen überdacht.

Auch wenn in der Vorbildzeichnung diese Gleiswaage als temporäre gekennt wurde, ist aus dem Gleisplan von Kulmbach 1846 zu erkennen, das dieses Gebäude vor der Ladehalle in das engültige Gleis umgebaut wurde. Daraus lässt sich schließen, das solche Gleiswaagen als definitive Gebäude zur Anwendung kamen. Eine Zeichnung für den Bahnhof Neuenmarkt stellt alternativ ein Waaghaus aus Hausteinquardern dar.

Waage und Waaghaus 1845
Abb. 13: Waage und Waaghaus, 1845

Im Detail wurde dieses Gebaude vollständig fundamentiert, im Bereich der Gleiswaage als auch unter dem Waaghaus. Die Fundamentierung wurde damals entweder mit Haustein oder Ziegelmauerwerk durchgeführt, je nachdem, welches Material günstig bezogen werden konnte. In der Gegend nördlich Augsburg kam sehr häufig der Steinwürfeloberbau zur Anwendung, Südlich Augsburg der hölzerne Querschwellenoberbau. Danach lässt es sich ableiten, ob Ziegel oder Haustein zur Fundamentierung herangezogen wurde. Der Abschluss des Fundaments, der an der Oberfläche sichtbar und betretbar war, wurde aber jedesmal in Haustein gestaltet.

Die Gleiswaage ist mit unterbrochenem Gleis konstruiert, erst später wurden Gleiswaage mit durchgehendem Gleis gebaut, man ermittelt das Gewicht über angehobene Spurkränze. Das doppelköpfige Stuhlgleis ist auf einem Holzrahmen aufgenagelt, und der Rahmen durch Holzdielen begehbar gemacht. In der Wanne unter dem Gleis befindet sich das Hebelwerk der Waage mit einer zweimaligen Hebelübersetzung, im Waaghaus befindet sich die Tariervorichtung mit einem Übersetzungsverhälnis von 1/3. Das Gesammtübersetzungsverhältnis ermittelt sich aus der Zeichnung zu etwa 1/250, d.h. ein Gewicht von 4t konnte mit einem Tariergewicht von 16kg über eine Tarierschale ausgemessen werden.

Das Waaghaus stellt eine mit Holzlattung verschalte Holzständerkonstruktion dar, mit einem Ständerquerschnitt von etwa 20x20 cm² (0,7x0,7 bay. Fuss²). Über eine einfache Sprengwerkskonstruktion wird das Dach gestützt. Die Dachsparrenköpfe sind der Zeit gemäss verziert. Die Überdachung der Waagmeisterhütte liegt in direkter Flucht des Waagdaches. Eingedeckt wurde das Dach warscheinlich mit Holzschindeln. Die Waaghütte ist etwa 3,3 m lang und breit. Für kälte Tage ist ein gusseiserner Kanonenofen eingebaut, der seine Rauchgase über einen gemauerten Kamin abgibt. Durch 2 Fensterluken kaminseitig fiel etwas Licht in die Hütte, durch 2 weitere Fensterluken konnte der Waagmeister einerseits auf die Wagen sehen, als auch die Ladezettel herausreichen.

Brückenwaage mit Waaghaus 1878

Man kann davon ausgehen, dass um 1861, als die Ladechablone nach Nomprofil 2 in Bayern obligatorisch wurde, die Güterwagen nicht mehr überdacht gewägt wurden, und eine Waagbude etwas abseits vom Gleis stand, so wie es der umfangreiche Plansatz für die Gleiswaage für 20t oder 400 Zentner um 1878/79 darstellt. So dürfte die Waage zum Aufkommen der Verbands-Lademass 1 & 2 ausgesehen haben, unwarscheinlich ist es aber nicht, dass die Bauweise bereits in 1861 eingeführt war, also für die Ladeschablone von 1861.

bayerische Waage und Haus von 1879
Abb. 14: bayerische Waage und Haus von 1879

Die Waage erhielt ein Fundament warscheinlich aus Haustein, ebenfalls die Waaghütte. Der Boden der Wanne der Waage wurde mit Steinbossen gepflastert. Das Gleis der Waage war unterbrochen und auf einem aus doppel-T-Träger zusammengesetzten Rahmen aufgeschraubt. Durch klappbare Riffelbleche wurde die Waage begehbar gemacht. Nun lag eine solche Waage in dem durchgehenden Ladegleis für Güterzüge. Damit ein durchfahrender Zug nicht über eine entriegelte Waage fuhr und dabei Schaden anrichtete, zeigte eine Signaltafel, identisch mit der von Weichen, die Wägestellung an. Das Sperrsignal ragte durch und über die Waagbude hinaus, und war in dieser drehbar angebracht. Mittelst einer Kurbel wurde die Sperrtafel auf Wägen gestellt und dabei die Waage entriegelt. Das Hebelwerk der Waage, das sich in der Wanne unter dem Gleis sowie der Verbindung zur Waagbude eingebaut ist, hat eine Übersetung von etwa 1:400, d.h. Für ein 20t Güterwagen musste der Waagmeister etwa 50 kg auflegen.

Die Waagbude ist wiederum eine Holzständerkonstruktion, mit Holzlattung und -überdeckung der Ritze verschalt. Die Holzständer haben einen Querschnitt von etwa 12x12 cm². Das Dach ist einfach konstruiert, ein Firstbalken stützt sich auf 2 Pfetten ab. Die Enden des Balkens sind der Zeit entsprechend verziert. Dachsparen gibt es innerhalb der Bude nicht, nur zur Flucht der strinseitigen Wände sowie am Abschluss des Dachs stirnseitig. Gedeckt ist das Dach mit Holzdielen, möglicherweise mit Teerpappe wetterfest gemacht. Eine Türe gewährt Einlass, 4 Fenster lassen Licht hinein und Sicht auf die Waage und die Gleisachsen zu. Alternativ lässt sich die Waagbude anstatt mit Firstrichtung zur Waage auch mit Firstrichtung parallel zur Waage montieren. Wie dabei die Überdachung der Tarierschale gestaltet wurde, ist aus den Unterlagen nicht ersichtlich, denn mit der parallelen Ausrichtung liegt die Tarierschale und die Sperrtafel ausserhalb des Gebäudes. Vielleicht wurde das Fundament dafür wie in der nachfolgenden Brückenwaage durchgeführt.

Brückenwaage mit Spurkranzanhebung, ohne Waaghaus, um 1880

Eine Variante der Brückenwaage war jene ohne Wägehaus, als auch mit durchgehendem Gleis. Dabei steht der zu wiegende Wagen auf seinem Spurkranz, wird also leicht aus dem Gleis gehoben. Solch ein Modell ist unten gezeigt. Sie dürfte in Nebenbahnen eingebaut worden sein, dort musste man sehr sparsam mit den Mitteln umgehen, denn die Nebenbahnen in Bayern warfen nicht allzu hohen Gewinn ab.

bayerische Brückenwage ohne Haus
Abb. 15: bayerische Brückenwage ohne Haus

Diese Waage dürfte bereits aus Stampfbeton fundamentiert worden sein, an der Basis 80 cm - 100 cm breit, an der Krone zwischen 40 cm und 60 cm. Das Gleis der Waage ist durchgehend, die Waage, auf die der Spurkarnz angehoben wurde, ist ein Blechrahmen wie man ihn aus der Lokomotivkonstruktion her kennt. Klappbare Riffelbleche machten die Waage begehbar. Aufgeklappt wird die Wägemechanik für Wartungsarbeiten zugänglich. Damit ein durchfahrender Zug nicht über eine entriegelte Waage fuhr und dabei Schaden anrichtet, zeigte eine Signaltafel, identisch mit der von Weichen um 1870, die Wägestellung an. Das Sperrsignal steht neben der Wägeinrichtung und ist drehbar gelagert. Durch einen Hebel wurde die Sperrtafel auf Wägen gestellt und dabei die Waage entriegelt. Das Hebelwerk der Waage, das sich in der Wanne unter dem Gleis sowie der Verbindung Messung eingebaut ist, hat eine Übersetung von etwa 1:4000. Das Gewicht wird hier nicht in eine Schale gestellt wie bei den Waagen zuvor, sondern ist wie bei einer Babywaage an einer Stange seitlich verschiebbar. Es dürfte etwa 5 kg gehabt haben.

Nun, liebe Leser, damit möchte ich das Theme zunächst beschliessen. Vielleicht haben Sie weiter Unterlagen, die zur Ergänzung dienen? Email genügt. Sämmtliche hier gezeigten Zeichnungen können unter Zeichnung, Hochbau oder CAD - Zeichnungen auf Ihren Rechner übertragen werden. Viel Spass beim Nachbau, ich würde mich über einen Beitrag, wie Sie dabei vorgegangen sind, freuen.