Viele Freunde der bayerischen Staatseisenbahnen nahmen mit Begeisterung die Packung mit den drei Lokalbahnwägelchen der Firma Merker & Fischer für 35,- DM auf, weil es zu jener Zeit an entsprechenden preiswerten Länderbahn Modellen fehlte. Die Packung enthielt je einen PBL, BCL und CL in der Ausführung mit Holzverkleidung. Auch wenn das Untergestell optisch viele Mängel aufweist machen die Wägelchen insgesamt einen guten Eindruck. Die bayerischen Staatseisenbahnen beschafften nacheinander eine Reihe neuer Varianten oder bauten sie in unterschiedlicher Weise um. Das hat mich veranlasst fünf jener Packungen zu besorgen und damit einige Beispiele aus der damaligen Vielfalt nachzubauen, die den nachfolgenden Artikel bildlich unterstützen sollen.
Die ersten Wagen der besprochenen Serie wurden 1880 für den Verkehr auf den damaligen Vicinalbahnen beschafft. Bei dem geringen Verkehrsaufkommen war eine Verkehrserschließung der abseits gelegenen Regionen nur möglich bei sparsamem Einsatz der Investitionsmittel, d. h. bei relativ leichtem Oberbau und mit dafür geeignetem Rollmaterial ohne jeden besonderen Komfort. Man blieb bei der bisher üblichen Nebenbahn Bauweise der „Intercommunikation“ d.h. bei Durchgangswagen, die eine Arbeitserleichterung für die Kondukteure, die Möglichkeit schnelleren Ein- und Aussteigens des „reisenden Publikums“ boten und zusätzliche Stehplätze in den Gängen von 0,5m Weite. Man hat sich für relativ kurze Wagen entschieden, Kastenlänge 5,6m und Rahmenlänge 7m, unter Einsatz von möglichst viel gewichts- und kosten sparendem Holzes. Auch am Untergestell lässt sich die Leichtbauweise ablesen
Die inneren Längsstreben - man beachte die mittige Verbindung - hatten eine so geringe Höhe, dass unter ihnen genügend Platz für die Zugstangen mit ihrer Abfederung war.
1880 wurden sechs Wagen 3er Klasse und sechs Gepäckwagen mit 2er Klasse kombiniert in den Dienst gestellt. Die Gepäckwagen trugen das Gattungsmerkmal „J“, ab 1894 „P“. Im Text habe ich in der Regel die zwischen 1894 und 1913 gültigen, geläufigeren Gattungszeichen verwendet.
Die Wagenkästen besaßen eine konservative Verschalung mit senkrechten Latten. Wie bei den vorangegangenen Nebenbahnwagen brachte nur ein Fenster in der Position der Türfenster von Abteilwagen Licht in das Innere. Lampen gab es anfangs nicht, was im Sommerhalbjahr ein geringeres Problem gewesen sein mag. Die Fenster konnten zum Lüften heruntergelassen werden; eine Querstange sollte das Hinauslehnen verhindern. Bei schlechter Witterung sorgten über zwei Fenstern angebrachte Lüfter für den Luftaustausch. Die Fensterrahmen sind bei den Modellen in der Farbgebung der Hauptbahnen gehalten. Mir ist nicht bekannt, ob die der Nebenbahnen anders eingefärbt waren.
Die Bremsen konnten mittels einer einzigen Spindel auf einer Plattform angezogen werden. An der Achse dieser Wagenseite befand sich eine „Doppelbremse (Bremsbacken auf beiden Seiten eines Rades)“; beim PBL auf der Seite des Gepäckabteils. Die Plattformen schlossen mit den Längsträgern ab, so dass die Aufstiegstufen nicht über den Kasten vorstanden. Nur die Stirnseiten der Plattformen und die linke Seite der Übergangsplatte hatten ein Geländer. Alle Wagen hatten einen Unterkasten für die Aufnahme von Kleintieren.
Im CL gab es insgesamt 40 Sitzplätze. Eine Zwischenwand unterteilte den Raum mit drei Abteilen auf der einen und einem auf der anderen Seite. Der PBL enthielt ein größeres, drei Fensterachsen umfassendes Gepäckabteil und war anfangs von der Seite durch Schiebetüren zugänglich. Die zweite Klasse war mit einem einzigen Abteil zu acht Sitzplätzen vertreten. Die Zwischenwände aller Wagen besaßen Durchgangstüren, so dass der Kondukteur durch den ganzen Zug gehen konnte.
Vielleicht versprach man sich weitere Einsparungen in Gestalt einer Verminderung der relativen Totmasse, als man 1881 zwei lange Wagen herausbrachte, in denen gewissermaßen PBL und CL vereinigt waren.
Der Radstand der beiden Wagen betrug 6m, die Rahmenlänge 10,00m. Der Wagenkasten entsprach etwa sechs Abteilen der Vorgänger Wagen. Den drei 3. Klasse Abteilen folgte ein kürzeres Gepäckabteil mit Schiebetüren und zuletzt wieder ein 2. Klasse Abteil, was eine Sitzplatzzahl von 30 + 8 ergab. Sehr auffallend war die Konstruktion der Bremseinrichtung.
Damit die Bremsen im Notfall möglichst schnell bedient werden konnten, hatte man auf beiden Plattformen eine Bremsspindel angebaut. Um die beiden gekoppelten Doppelbremsen von jeder Spindel aus betätigen zu können sind ein aufwendiges Hebelsystem und seitenverschiebbare Achsen (> von links zum Achslager führende Stange) eingebaut worden. 1882 gesellte sich ein dritter Wagen dieses Typs dazu. Dieser und der zweite Wagen wurden später unter Aufgabe des 2. Klasse Abteils zugunsten der Vergrößerung des Gepäckabteils in PCL Wagen zurückgebaut. Im Passagierraum wurde ein Röhrenofen unter Verzicht auf vier Sitzplätze eingerichtet.
Letztlich haben die Staatsbahnen vorerst der kurzen Bauform den Vorzug gegeben und von 1882 bis 1890 eine Reihe den Verkehrsbedingungen besser angepasster Varianten folgen lassen. Schon 1888 erschienen Wagen, die etwas länger waren, die also nicht mehr zum gewählten Thema passen.
Wie schon beim PBCL erwähnt, scheint ein Bedürfnis nach größeren Gepäckabteilen bestanden zu haben. So erschien 1882 ein Gepäckwagen ausschließlich für diesen Zweck und ohne Passagierabteil, Serie „J“ bzw. ab 1894 als PL bezeichnet.
Er besaß in den Längswänden eine Doppeltür mit nach innen drehbaren Flügeln. Auf einer Seite direkt neben diesen Türen war der Innenraum durch eine Querwand zur Gewinnung eines Postabteils abgetrennt, das u. a. der Lagerung von Wertsachen diente. Eine Schiebetür ermöglichte eine Durchgangsmöglichkeit zum Gepäckraum. Zur Sicherheit waren die Fenster in den Außenwänden dieses Abteils und seiner Türen vergittert. Es gab aber auch Ausführungen mit einem ganz kleinen Postabteil oder mit einem Schubabteil für Gefangenen Transporte.
Der Verzicht auf 2. Klasse Abteile wurde durch gleichzeitiges Erscheinen gemischter BCL Wagen kompensiert, 30 Sitze für die 3. und 8 für die 2. Klasse enthaltend. Bei dem Modell ist das an den unterschiedlichen Farben der Fensterrahmen auszumachen.
Die beiden Klassen wurden voneinander durch die übliche Querwand mit Zwischentür getrennt. Wegen der unterschiedlichen Breite der Sitzbänke in den beiden Klassen befanden sich die Türen der Stirnseiten der 2. Klasse (2 + 2 Sitze in der Querreihe) in der Mitte und die der 3. Klasse (3 + 2 Sitze) etwas zur Seite versetzt. Leider ist dieses M-F Modell mit der Fenster Unterteilung der zweiten Serie mit Blechverkleidung gegossen worden. Deshalb habe ich die Längswände in vier Stücke zerteilt und in anderer Reihenfolge wieder zusammengesetzt, so dass sich die richtigen Fensterabstände ergeben haben.
1884 erschien ein Stückgutwagen der Serie A, d. h. gedeckter Güterwagen, später GwL bezeichnet. Er war außen genau so ausgeführt wie die ersten PBL Wagen. Das Modell ist nach dem ab 1913 gültigen Schema beschriftet worden.
Ab 1885 gab es eine auffallende Änderung, nämlich die Verkleidung der Außenwände mit Blechen. Bei den Bausätzen habe ich zuerst die Fensterbrüstungen abgeschnitten, dann die Brettprofile abgeschliffen und zuletzt die Brüstungen und neue Abdeckleisten aufgeklebt.
Wie man dem gemischten Wagen (in der Mitte) bereits von außen ansehen kann, hatte er eine geänderte innere Aufteilung. Nunmehr standen in einem Wagen zwei Abteile 2. Klasse mit 16 Sitzplätzen und 1½ der 3. Klasse mit 15 Sitzplätzen zur Verfügung. Interessenten an der gehobenen Klasse hatten es jetzt leichter einen geeigneten Platz zu finden, als wenn sie bei längeren Zügen bei mehreren der alten BCL Wagen nach einem freien Abteil suchen mussten.
Vorher war schon eine leichte Veränderung bei den Bremsen eingeführt worden. Es ist zwar nicht die Anzahl der Bremsklötze vermehrt worden, aber jetzt wurden beide Räder auf ihrer jeweiligen Außenseite durch Einfachbremsen abgebremst. Die verbindende Stange musste durch den Unterkasten hindurch geführt werden.
Auch der PL ist ab 1886 in einer veränderten Form erschienen.
Der Innenraum enthielt zwei gleich große Abteile. Das Gepäckabteil war wieder zur in der Mitte des Wagens durch die Doppeltüren zugänglich, das Postabteil links durch eine Einfachtür. Dieses Abteil ist außerdem an den vergitterten Fenstern auszumachen.
Es gab noch eine Reihe von Änderungen, wie z.B. die Einführung von Laternen in den Stirnwänden und z. T. in den Zwischenwänden, der Einbau von Röhrenöfen, unterschiedliche Aufstiege oder von „Reibungsbremsen“. Abschließend sollen noch zwei Modelle vorgestellt werden.
An dem Lüftungsaufsatz ist erkennbar, dass bei drei BCL Wagen an Stelle von vier Sitzplätzen der 3. Klasse ein Abort eingebaut worden ist (nach 1895).
Unter Entfernung vier weiterer Sitze hat außerdem ein Röhrenofen Platz gefunden (man muss ja nicht in das Modell hineinsehen). Natürlich hatten die Wagen eine Beleuchtung, wie es die Grundrißskizzen ausweisen. In allen Aufrissen jedoch fehlen diese, so als habe man die alten Vorlage Skizzen weiterverwendet.
Ein einziger PL hat 1909 links ein breiteres Fenster erhalten und rechts zusätzliche Flügeltüren. Der Unterkasten ist wie bei den meisten anderen Wagen inzwischen entfernt worden.
Insgesamt gesehen ist durch die Umbaumaßnahmen ein respektabler Fuhrpark entstanden, der die Entwicklung dieser Serie gut veranschaulich, auch wenn ihre Anschriften nicht in allen Fällen vorbildlich sind. Perfektionisten, zu denen ich mich an sich auch rechne, dürfen sich an den aktuellen, wunderhübschen Modellen von Bavaria delektieren und, wenn sie gut bei Kasse sind, mit diesen ein Gleiches versuchen.
Quellennachweis
Abb. 5: VAN = Verkehrsarchiv, Nürnberg, DB-Archiv