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Aufbruch in das Eisenbahnzeitalter
Die ersten bayerischen Salonwagen für Allerhöchste und Hohe Herrschaften


Dr. Gert von Rosen –von Hoewel

Bereits die private München-Augsburger-Eisenbahn-Gesellschaft hatte einen speziellen Salonwagen, den sog. „Gallawagen“ angeschafft. Am 24. Juli 1839 brachte J. Maffei auf einer Sitzung des Verwaltungsrates in seiner Eigenschaft als Vorstand der Gesellschaft die Anregung „daß es nothwendig seye, sowohl zur Eröffnung der Dampf­wagenfahrten, als auch für die Folge Zeit einen Wagen zu besitzen, der sich durch Eleganz in der inneren Einrichtung vor den übrigen auszeichnen, und insbesondere nur zum Dienst der allerhöchsten und höchsten Herrschaften bestimmt sein solle“.1 Es wurde der Beschluß gefaßt: „Es solle von den dem Wagen­fabrikanten Holzer (in München, v.R.) zur Anfertigung überlassenen Wägen I.Classe /:Glaswagen:/ einer so eingerichtet werden, daß die inneren Zwischenwände nach Belieben herausgenomen, und wieder befestiget werden könen (...) Von außen bleibt die Grundfarbe dieselbe wie bei allen anderen Wägen (grün, v.R.); jedoch soll dieser Wagen mit meßingnen Griffen und Stäben, dann mit Böcken ohne Gallerie versehen werden, und weder Nummern noch eine Klassenbezeichnung erhalten.“ Er trug aber auf den „Schlägen“ (Türen, v.R.) wie die anderen Wagen das Wappen der Gesellschaft, welches „aus einem geflügelten Rade bestehen zwischen dessen Speichen die Buchstaben M.A.E.B.G. angebracht werden. Dieses geflügelte Rad steht auf einer in 2 vergoldeten Chairs (Stühle, v.R.) ruhenden Schiene; die Farbe des Rades ist Azurblau mit Gold aufgeblitzt; die Buchstaben sollen in Gold schattirt werden.“

Der Kasten des Galawagens hat laut einer „Nachweisung“ 1605f 52xr gekostet und damit fast 400 Gulden mehr als der eines Glaswagens.2 Ihm wurde auch ein ebenfalls von Holzer gefertigtes Gestell à 1107f 21xr unterstellt, so dass seine Baukosten zusammen 2713fl 13xr betragen haben, wenn man von einigen zusätzlichen Verbesserungsmaßnahmen absieht.

Im Eröffnungszug vom 1. September 1839 waren gemäß der Zeichnung von Gustav Krauß zwei Glaswagen hinter der Lokomotive eingestellt worden. Der vordere hatte zwar Böcke aber auch eine Galerie, nämlich ein Geländer zum Schutz gegen das Herunterfallen des auf dem Dach abgelegten Reisegepäcks.

Bild Glaswagen im Eröffnungszug der München Augsburger Eisenbahn, Ausschnitt
Abb. 1: Glaswagen im Eröffnungszug der München Augsburger Eisenbahn, Ausschnitt

Sofern Kraus die ansonsten etwas freizügig gestaltete Komposition wie z.B. in der Farbgebung, in den genannten Details richtig dargestellt hat, war der Galawagen trotz einer Anzahl geladener Ehrengäste bei dieser Fahrt nicht eingesetzt worden. Der relativ spät erfolgte Umbauauftrag macht das wahrscheinlich, obwohl er quasi durch Umbau der inneren Einrichtung eines Ende Februar in Auftrag gegebenen Glaswagens entstanden ist.

Es konnten keine Angaben zu seinem betrieblichen Einsatz gefunden werden. Nach der Verstaatlichung findet sich 1844 der Galawagen zusammen mit den übrigen von der MAE übernommenen Wagen aufgelistet. Es ist aber nicht verwunderlich, dass er in der Liste von 1850 nicht erscheint, in welcher die noch vorhandenen Wagen der ehemaligen Privatgesellschaft aufgeführt sind, die sodann in der Bahnbetriebswerkstätte in Augsburg zerlegt wurden.3 Mit der drei Jahre vorher erfolgten Lieferung moderner Salonwagen durch die kgl. Wagenbauanstalt in Nürnberg hat bereits vor der endgültigen Ausmusterung der MAE Wagen kein Bedarf an diesem alten, gegenüber der KBE Norm schmäleren und höher stehenden Wagen bestanden.

Der Fertigstellung der ersten Salonwagen der bayer. Staatsbahnen ist eine längere Diskussionsphase vorausgegangen. Bereits Januar 1844 wurde vom Innenministerium die „submisseste“ Anfrage an den König geleitet, ob es nicht in den Wünschen des Königs läge, für ihn Wagen nach Art der belgischen zu bauen, „welche neben besonderen höchst bequemen Sitzen getrennt von den Plätzen für das Gefolge, auch noch ein besonderes Appartement für Toilette enthalten.“4 Bald darauf hatte der bayr. Konsul Bartels in Köln den Auftrag erhalten, Details über den belgischen Königszug zu eruieren. So gelangte die Wagenbau Anstalt in Nürnberg in den Besitz eines Berichts mit ausführlichen Auskünften des belgischen Ministers Dechamps. Demnach besaß der belgische Zug eine „Berline“ * für den König und für das Gefolge je zwei „Diligenzen“, „Chars à bancs“ und „bedeckte Waggons“. Ende 1844 ist die Entschließung ergangen: „Seine Majestät der König (Ludwig I., v.R.) haben allerhöchst zu befehlen geruht, daß ein eigener zur Allerhöchsten Disposition in Bereitschaft gehaltener und zu München aufzube­wahrender k. Wagenzug nach dem Muster des k. belgischen Eisenbahnwagenzuges mit den etwa geeignet erachteten Verbesserungen bei der K. Wagenbau-Anstalt zu Nürnberg angefertigt werde.“5 Allerdings hat sich König Ludwig im Mai 1845 wieder gegen einen 7-teiligen Wagenzug entschieden: „Es sollen keine solchen Wagen ferfertiget werden“.6
Im Mai des folgenden Jahres lag ein neuer Bescheid der Verwaltung zu einem zweiteiligen Königszug vor. Die innere Einteilung des „Leibwagens“ bzw. Königswagens sollte der des belgischen entsprechen, die sonstigen Abmessungen aber den der bayerischen Personenwagen mit der Ausnahme, dass die lichte Höhe in der Wagenmitte 7' statt der üblichen 5,8' betragen sollte.7 Es folgten noch einige Detailangaben: „enthält der Wagen einen geräumigen, durch zwey Seitenthüren oder Schläge zugänglichen Salon für die Allerh Herrschaften mit 5 Fauteils oder kleinen Sopha's nebst einem Klappen-Tisch in der Mitte, und zwey kleinen Couchen in den Ecken, um Verschiedenes ablegen zu können.
Unmittelbar an den Salon, und mit demselben durch eine Thüre verbunden, stößt ein einfacher Coupé an den Salon für das nöthigste Dienstpersonal mit zwey Eingängen von der Seite.
Von dem Coupé gelangt man endlich durch eine Thür in eine Toiletten-Abtheilung – einen Toiletten-Tisch Armstuhl und großem Spiegel enthaltend – an welche sich zur Seite ein kleines Kabinet zur Comodität anreiht. Diese beiden letzten Abtheilungen haben keinen Eingang von Außen. Sämmtliche Böden sollen mit Teppichen belegt, und die Außenseite des Wagens (...) blau lakirt (...) werden“.

Die genauere Gestaltung sollte einer weiteren Entscheidung König Ludwigs vorbehalten bleiben, die dann im Juli 1846 mit einigen Ergänzungen und Änderungswünschen erfolgt ist: „Die Meubel sollten aus Ahorn in seiner Naturfarbe ohne vergoldete Leisten gefertigt werden (...) Die Couches haben wegzubleiben u. anstatt der Fauteils ist zur Gewinnung von Plätzen um den Tisch herum ein Sopha in Hufeisenform anzubringen. (...) Zur Wagen-Ausgarnirung u. zu den Polsterbezügen (...) das Halbseidenzeug von grauer, (...) die Rouleaux der Fenster-Vorhänge dagegen von grünem Seidenzeug zu seyn.“8 Außen sollten auf jeder Seite nur je ein Wappen bzw. Emblem in abnehmbarer Ausführung aufgebracht werden.
„Zu den Wagen für die Allerh. Herrschaften soll je ein Wagen für das Gefolge nach Art der gewöhnlichen Salonwagen I. Klasse angefertigt werden, welche sich von den übrigen Wagen I.Klasse durch blaue Lakirung ohne Wappen u. Emblem unterscheidet u. nur eine Königskrone in Vergoldung als Auszeichnung erhält. Dieser Gefolgewagen ist (...) mit dem Leibwagen durch eine vergitterte Brücke, welche, wenn ein solcher Wagen vereinzelt gebraucht wird, weggenomen werden kann, in Verbindung zu setzen u. damit sowohl zwischen den beiden Wagen, als zwischen den einzelnen Appartements des Gefolges eigens eine Comunikation hergestellt wird, sind in der Rückwand des Leibwagens dan in der Vorderwand des Gefolgewagens so wie in den Scheidewänden des letzteren Thüren anzubringen.“ Bei einem Einsatz als Königszug wurde demnach immer ein Wagenpaar einsetzt, das auf den einander zugewandten Seiten die einzige Übergangsmöglichkeit besaß.

Der Verzicht auf einen vielteiligen Wagenzug erschien besonders deshalb notwendig, weil wegen der nicht bestehenden Durchgängigkeit auf der Ludwig Süd-Nord Bahn sowohl in München als auch in Nürnberg ein Wagenzug stationiert werden sollte: „Vorerst sollen nur zwei Wagen für die Allerhöchsten Herrschaften (für München – Nürnberg) u. ebenso viel Gefolgewagen angefertigt werden, wobei bemerkt wird, daß die letzteren, wenn anders der Allerh. Hofdienst das gleichzeitig gestattet, nach Bedürfnis auch zum allgemeinen Bahndienst verwendet werden dürfen“ und des Sparziels wegen: „eine gleiche Anzahl roth lakirte Salonwagen weniger zu bauen sind.“ Bis 1850 waren alle Wagen I.Klasse und die I.Klasse-Abteile der gemischten Wagen rot angestrichen.

Bei dem Begriff „Salonwagen“ ist zu berücksichtigen, daß die ersten ungemischten bzw. reinen I.Klasse Wagen der bayerischen Staatsbahnen durch eine mittlere Querwand in zwei Salons für je 6 Personen unterteilt waren. Diese Wagen sind auf den Plänen an den zwei Türen erkennbar, die sich nebeneinander nahe der Mitte jeder Wagenseite befanden. Es waren strenggenommen „Wagen I. Klasse mit Salon“ und standen dem allgemeinem Publikum zur Verfügung, das dafür das nötige Geld zur Verfügung hatte. Die hier behandelten Salonwagen im eigentlichen Sinn waren nur für Angehörige der höheren Stände vorgesehen.

Das Lieferjahr 1847 für die ersten vier Königswagen wurde den amtl. Verzeichnissen entnommen. Das erste Paar trug die Bahnnummern 338 und 339, das zweite 346 und 347. Letztere waren also fast 10 Plätze weiter hinten eingereiht worden, was auf eine etwas spätere Ablieferung hindeutet, obwohl sie immer noch inmitten des Blocks der Wagen von 1847 stehen. Die Wagennummern wurden den Firmen bei der Auftragsvergabe mitgeteilt und können nicht in jedem Fall einen Hinweis für die Reihenfolge der Ablieferung bieten. Diese Annahme wird zusätzlich durch den Bericht der Eisenbahnverwaltung vom Januar 1849 gestützt: „Wir überreichen hiemit ehrerbietigst die Anzeige des Bahnamtes München vom 3ten d. Mts. über die von Seite der k. Wagenbau-Anstalt in Nürnberg hieher vollzogene Ablieferung des Reise-Eisenbahnwagens für Seine Majestaet den Koenig, und des Reise-Eisenbahnwagens für Allerhöchst dessen Gefolge.“9 Das zweite, „Münchener“ Paar ist wohl, aus nicht mehr ersichtlichen Gründen verzögert, erst Ende 1848 fertiggestellt worden. Dann hätten nur Wagen 338 und 339 als königliches Signum für kurze Zeit das „L“, Wagen 346 und 347 jedoch von Anfang an das „M“ getragen. Zum Wageneinsatz ist in dem Bericht noch ergänzend verfügt worden: „wenn es der Allerhöchste Wille ist, die fraglichen Waggons für Fahrten fremder fürstlicher Personen aus regierenden Haeußern benützen zu lassen ...“ Unter diesem Aspekt wird deutlich, weshalb die königlichen Insignien in abnehmbarer Form an den Wagen angebracht worden waren.

Die ältesten mir bekannten Ansichten der ersten Salonwagen sind in den amtlichen Verzeichnissen von 1876 bis 1883 zu finden; allerdings in einem bereits umgebauten Zustand. Um 1861 ist z.B. die Anpassung an das norddeutsche Puffersystem erfolgt, indem die Personenwagen mittels neuer Achshalter entsprechend höher gestellt wurden.

Bild Königswagen Nr. 338, Seitenansicht, Bauzustand 1877 (VAN)
Abb. 2: Königswagen Nr. 338, Seitenansicht, Bauzustand 1877 (VAN)

Zu den auffälligsten äußeren Merkmalen der königlichen Salonwagen gehörte ihr blauer Anstrich mit den speziellen Wappen und Verzierungen. Die Stirnseiten der Wagen waren nicht geschweift sondern gerade, wiesen aber unten eine spitze Vorwölbung wie bei Kutschen auf. Es waren die ersten bayerischen Wagen mit Interkommunikation. Innerhalb der rechten Hälfte des Wagens befand sich der königliche Salon mit dem mittig stehenden Klappentisch. Das Sofa in Hufeisenform ist nicht mehr vorhanden, weil inzwischen auch an diesem Kastenende ein Übergang eingerichtet worden war.

Zum ursprünglichen Aussehen der ersten vier Königswagen konnten in den Archiven Münchens und Nürnbergs keine Pläne aufgefunden werden. 1850 hatte die bayerische Bahnverwaltung an die sächsische, als diese die Herstellung solcher Wagen plante, Unterlagen von ihren Königswagen geschickt. Leider sind auch im sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden keine Unterlagen mehr vorhanden. Aber abgesehen von der Inneneinrichtung ergibt sich die ursprüngliche Bausituation dieser beiden Salonwagenpaare aus einer Kombination verschiedener mir vorliegender Wagenskizzen.

Bild Königszug um 1849, Rekonstruktionsversuch.
Abb. 3: Königszug um 1849, Rekonstruktionsversuch.

Die über den Fußboden hinausragenden Radkästen verbargen sich unter den festen Sitzeinrichtungen

Im Jahr 1851 hat König Maximilian II. an die Verwaltung die Anfrage gerichtet, inwieweit es möglich sei, mit dem Hofzug auf den Bahnlinien des deutschen Auslands zu verkehren. Damals fuhren die bayerischen Personenzüge nur bis Hof und weiterreisende Passagiere mussten in einen auf einem anderen Bahnsteig wartenden sächsischen Zug umsteigen. Man sah sich bezüglich des Umbaus eines Wagens nur zu einer Kostenschätzung in Höhe von ca. 12000 fl. In der Lage, weil seit gut einem Jahr der Wagenbau durch private Firmen ausgeführt wurde.10 Zur Veranschaulichung der Situation diente eine Skizze, in welche die Lichtraumprofil relevanten Maße eingetragen waren.

Bild Königswagen (Bahn. Nr. 346?) Querschnitt (VAN)
Abb. 4: Königswagen (Bahn. Nr. 346?) Querschnitt (VAN)

1852 wurden die Umbauvorschläge gemacht: „daß Euer Königlichen Majestät Reisewagen, nach Wegnahme der an den Seiten angebrachten Laternen, alle diese Bahnen ohne Anstand befahren kann, wen die Einstiegstritte mit Scharnieren zum Herablassen eingerichtet werden. Die einzige Ausnahme macht die Leipzig-Dresdner Bahn, wo die Einstiegshallen in Leipzig und Dresden so enge Eingänge haben, daß ein Durchgang des Königlichen Wagens nicht möglich ist. (...) Die Perrons der einzelnen Bahnen sind sehr verschieden in Höhe und Weite, und auf den meisten Bahnen so hoch, daß die Seitenthüren des Königlichen Wagens nicht geöffnet werden können. (...) daß von dem Verbindungsgang der beiden Königlichen Wagen aus eine bequeme Vorrichtung zum Ein- und Aussteigen auf die verschiedenen Perrons hergestellt werden.“ Um die Hofwagen in fremde Züge einstellen zu können, „daß vor und hinter denselben ein Gepäckwagen eingestellt wird, deren Gestelle am einen Ende so eingerichtet wird, daß es an alle verschiedene Puffer- und Zugvorrichtungen hinpaßt. Dieser Gepäckwagen dient im Winter zugleich für die Aufstellung des Ofens der Warmwasserheizung.“11 Letzterer Wagen kann als Vorläufer der Heizwagen gelten, die rund 20 Jahre später bei den bayer. Staatsbahnen eingeführt wurden.
Anfang April ist die Genehmigung erfolgt, bereits einen Monat später wurde berichtet, dass man mit den Testfahrten beginne könne12 und wiederum einen Monat danach lag der Ergebnisbericht vor: „Der von einem technischen Beamten begleitete Königliche Eisenbahnwagen befuhr die Sächsisch-Bayerische Staatsbahn von Hof bis Leipzig, die Leipzig-Magdeburger Bahn bis Cöthen, und von da die Berlin-Anhaltische Bahn bis Berlin, - von Berlin zurück die Anhaltische und Leipzig-Dresdener Bahn nach Dresden, von Dresden die Sächsisch-Schlesische und Niederschlesisch-Märkische Bahn bis Breslau, dann die Oberschlesische und Wilhelmsbahn, ferner Kaiser-Ferdinands-Nordbahn bis Wien, von Wien die Bahnen nach Prag, von Prag über die Sächsisch-Böhmische Bahn nach Dresden, und von da über die Leipzig-Dresdner Bahn zurück.“ Der Zustand der Leipzig-Dresdner Bahn ist besonders bemängelt worden, so dass sich „jedes Ausbiegen des Körpers aus dem Fenster des Wagens absolut verbieten.“13

König Maximilian zeigte sich zufrieden, fügte dem Bericht aber noch eine Bemerkung an, „Jedoch wünsche ich noch, daß auf Mittel gedacht werde, ob nicht auch eine Befahrung der badischen Bahnen, (...) mit Meinen Eisenbahnwägen ermöglicht werden könne“ In der um entsprechende Einträge ergänzten Skizze der Abb. 4. ist besonders deutlich der rechten Radlagerregion zu entnehmen, dass die Räder bei der erforderlichen Verschiebung nach außen zwangsläufig in den Bereich des unteren Längsträgers und der Tragfedern hinein geraten würden.

Bild Königswagen (346?), quer (Ausschnitt - Maße in engl. Fuß)
Abb. 5: Königswagen (346?), quer (Ausschnitt - Maße in engl. Fuß).14

Es sind die beiden Radstellungen eingezeichnet worden, innen die bayerische und außen die badische über den dazugehörigen Schienenprofilen. Die zwei Andreaskreuze rechts markieren den oberen und unteren Längsträger im Querschnitt; zwischen ihnen auf der Innenseite liegt die Steckfedergarnitur (im Schnitt) mit den fünf Federblättern.
Diese Anpassung ist nie erfolgt und bei der Skizze hat es sich auch nie um einen Änderungsvorschlag gehandelt sondern im Gegenteil um eine Beweisführung dafür, dass die gewünschte Anpassung bei dem alten Untergestell nicht möglich sei. Außerdem bahnte sich schon eine einfachere Lösung des Problems an „wo die badischen Bahnen nach Vollendung der Württembergischen und bayerischen (Bahnen) bis Ulm in direkte Verbindung mit dem gesamten Eisenbahnnetze treten werden, für Baden auch die unerläßliche Nothwendigkeit sich ergeben wird, ihre gänzlich isolirte Spurweite zu ändern und jener der übrigen Bahnen anzupassen, in welchen Falle dann die Befahrung der badischen Bahn mit dem Königlichen Eisenbahnwägen unbehindert ist.“15

Seitdem am 1.10.1849 die Schienenlücke zwischen Gunzenhausen und Schwabach geschlossen und die Ludwig-Süd-Nord-Bahn durchgehend befahrbar war, hat kein Bedarf mehr an einer zweiten Wagen Garnitur bestanden. Dieser Umstand förderte die Diskussion um eine schrittweise Umgestaltung der Salonwagen nach den Wünschen des seit kurzer Zeit regierenden Monarchen Maximilian.
Spätestens Anfang 1850 befand sich der Gefolgewagen 339 zeitweilig nicht im Einsatz. Er ist schon 1877 nicht mehr als Königswagen im Verzeichnis aufgeführt worden und hatte noch 1883 im Jahr seiner Ausmusterung (siehe alten Diagonalstrich in Abb.6.) als einziger der frühen Königswagen, das ursprüngliche Holzuntergestell mit Steckfeder­garnituren und drei Achsen.

Bild ehemaliger Begleiterwagen 339, Bauzustand 1883 (VAN)
Abb. 6: ehemaliger Begleiterwagen 339, Bauzustand 1883 (VAN)

Gemäß eines Antrages seitens der Bahnverwaltung von 1850 sollte der „freigestellte“ Wagen durch Verschließen aller Zwischen- und Stirnwandtüren in einen gewöhnlichen, ungebremsten Wagen I. Klasse mit zwei Salons umgebaut werden. Der Übergang sollte für einen neu anzufertigenden Salonwagen Verwendung finden. Ein Problem bestand darin, dass das Wagendach etwas höher als die Standardwagen lag, was gewisse Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Verbindungsbremse hätte bereiten können.
Zuletzt befand sich der Wagen im amtlichen Verzeichnis den anderen I.Klasse Wagen zugeordnet und ihm fehlten einige Merkmale der Königswagen, wie die Übergänge und die Auswölbungen an den Stirnseiten; außerdem war er grün angestrichen. Er war immer noch ohne Bremsen und besaß die neuen, längeren Achshalter erkennbar daran, dass sich die alten Steckfedergarnituren gut sichtbar unter dem unteren Längsträgers hervorsahen (vergl. Abb. 4.). Bei allen älteren Personenwagen musste bei der Höherstellung unter den alten Aufstiegen ein zusätzliches, zumeist durchgehendes Laufbrett angebracht werden.

Ein Bericht gibt genauere Details zu den damaligen Erwägungen. Es: „mußte der frühere für das Gefolge Seiner Majestät des Königs bestimte Wagen zurückgestellt werden, weil Sne Majestät für das zweyte Wagenpaar eine andere Eintheilung beliebte, als für das erste, und der für jenes ursprünglich bestimte gewesene Hauptwagen zum Gefolgewagen des zweyten Wagenpaares neuerer Einrichtung verwendet werden mußte.“16 Wenn der Satz richtig gedeutet ist, bestand 1850 der Königszug zumindest vorübergehend aus den beiden eigentlichen Leibwagen, wobei einer von ihnen bereits eine etwas umgestaltete Einrichtung besaß. Die Durchführung der Abänderungen ist nach einigen Diskussionen unter Federführung von Obermaschinenmeister Exter Münchener Handwerksmeistern übertragen worden, so dass die Wagen nicht nach Nürnberg zur k. Wagenbau Anstalt verbracht werden mussten. Das war eine gravierende Entscheidung, weil zu diesem Zeitpunkt beim Eisenbahnwagenbau noch das Staatsmonopol bestand und dessen Ausführung in den Händen jener Anstalt in Nürnberg lag.17

1851 wurde ein neuer, der fünfte Königswagen Nr. 1254 von der Firma Klett geliefert. Dieser ursprünglich ebenfalls dreiachsige Wagen glich in den Abmessungen und seinem Äußeren den Vorgängern. In dem Plan von 1877 ist wie üblich nur die eine Wagenhälfte mit der Einrichtung dargestellt.

Bild Königswagen 1254, Bauzustand 1877 (VAN)
Abb. 7: Königswagen 1254, Bauzustand 1877 (VAN)

Es wird hier davon ausgegangen, dass der verdeckt dargestellte Teil den traditionellen Salon enthielt. Dann wäre an die Stelle eines Begleiterabteils ein Ruhebereich für den König getreten mit einer Chaiselonge, die zum Liegen geeignet war. Eine gleichartige Raumaufteilung wies inzwischen auch der Wagen 346 auf. Diese war insofern sinnvoll, als die Bahnlinien der deutschen Staaten zusammenzuwachsen begannen, womit die Fahrtzeiten erheblich länger andauern konnten.
Die vorliegende Abbildung zeigt den Wagen, wie er seit dem Umbau von 1862 aussah; in der hochgestellten Bauweise, mit eisernen Längsträgern und zwei Achsen. Im Verzeichnis von 1883 steht er unter Ziffer 1 zusammen mit den 1860/65 gebauten Wagen mit der Bemerkung: „Königl. Wagenzug“ und „diese Wagen haben blauen Anstrich“.

Nachdem der Wagen 339 schon um 1883 ausgemustert worden ist folgten 1896 die Wagen 347 und 1254. Die Wagen 338 und 346 wurden 1893 mit einem Faltenbalg zu einer Einheit verbunden. Ihr fremdartiges Aussehen wurde zusätzlich durch Oberlichtaufsätze verstärkt. Zwei Jahre später erfolgte ihr Zusammenbau zu einem einzigen dreiachsigen Wagen. Dieser ist schließlich 1925 ausgemustert worden.

Begriffserklärung:

* Diese Begriffe beziehen sich auf Straßenfahrzeuge, nämlich auf Kutschen. Man findet sie aber auch bei den französischen und belgischen Bahnen angewendet und auch noch bei der ehemaligen privaten München Augsburger Eisenbahn­gesellschaft für die drei aus Aachen gelieferten Wagen.

Berline: ein gedeckter Reisewagen, dessen Verdeck geöffnet werden kann; hier der Leibwagen
Diligence: ein gedeckter Eilwagen; hier Wagen I. Klasse
Char à bancs: ein Wagen mit Sitzbänken; hier Wagen II. Klasse
Bedeckter Waggon: ein offener Wagen mit Dach; hier Wagen III. Klasse

Quellenachweis:

Abb.: VAN = Verkehrsarchiv, Nürnberg, DB-Museum

VAM = Verkehrsarchiv, München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv

VAN = Verkehrsarchiv, Nürnberg, DB-Museum

MAN = MAN Archiv, Augsburg

Literatur:

Literatur: VAM = Verkehrsarchiv, München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv

1: VAM 3453, 24.07.1839 10: VAM 6904, 11.01.1852
2: VAM 3452, 10.03.1840 11: VAM 6904, 17.03.1852
3: VAM 30189, 03.05.1850 12: VAM 6904, 11.05.1852
4: VAM 4227, 03.01.1844 13: VAM 6904, 16.06.1852
5: VAM 30189, 05.09.1844 14: VAM 6904, 18.07.1852
6: VAM 4227, 14.05.1845 15: VAM 6904, 22.07.1852
7: VAM 4227, 18.05.1846 16: VAM 30189, 13.05.1850
8: VAM 4227, 26.07.1846 17: VAM 6904, 18.07.1852
9: VAM 6894, 10.01.1849