Schotter Schwellen & Profile

1. Profilformen und deren Verwendung

Hier soll nur auf die ab 1860 regulär verwendeten Schienenformeneingegangen werden.

Die Tabelle zeigt die Profile die hauptsächlich verwendet wurden mit Ihrem Haupteinsatzgebiet. Die nicht aufgeführten Schienenformen sind entweder sehr alt und waren nach 1865 kaum mehr im Einsatz oder Sonderformen wie z.B. die Rillenschiene "Phoenix"

Schienen-form

Regellänge m

Rad-druck to.

Schwellen-anzahl auf Regellänge

Stoßschwellen-abstand mm

Vorhandene Länge km (1928)

Anwendungs-gebiet

Holz

Eisen

Holz

Eisen

I

6 (5)

6

7(6)

-

600

-

k.A.

Hauptbahnen ab 1867 - etwa 1887

II a

9

6,5-8,0

13

13

400

340

855

Hauptbahnen II. Ordnung, Neben- und Lokalbahnen

V

9

6,25

13

13

456

400

460

Neben- und Lokalbahnen

IX

12

8,0 -10,0

17

17

400

340

2210

Haupt- und Nebenbahnen

X

15

8,5-10,5

22

22

420

340

6110

Haupt- und Nebenbahnen

Tabelle 1

Einsatz:

Das Profil I ist eine Hauptbahnprofil, welches ab 1867 für Hauptbahnen eingesetzt wurde, z.B. auf der Strecke München - Simbach a. Inn (Eröffnung 1871). Bis zur Jahrhundertwende 1900 hatte es Bestand, um im Zuge der Einführung Form X ausgetauscht zu werden. Im Rahmen von Umbauten und Reparaturen, kam vor 1900 zunächst Form IIa (1883) und Form IX (1891) zur Anwendung.
Die Profile IIa (1883) und V (185) sind "Localbahnprofile", wobei die Form IIa ursprünglich als Regelschiene entwickelt und auch eingesetzt wurde, jedoch von den gestiegenen Anforderungen bald überholt wurde (1893). Die Entwicklung der SF V geht auf die sog "Vizinalbahnform" zurück, die für die Bahnen geringer Bedeutung geschaffen wurde um Kosten einzusparen. Die Gleise der Vizinalbahnform waren zwar, ebenso wie der sehr leichte Oberbau kostengünstig zu erstellen, jedoch wog der enorme Kostenaufwand für die Instandhaltung und Pflege diesen Vorteil bei weitem auf [Hauptstaatsarchiv, 5756 "Vergleichsrechnung der Oberbaukosten].Erwähnung finden sollen noch die Formen III und IV, die für Langschwellenoberbauten verwendet wurden. Diese waren weiter verbreitet und länger in Betrieb als gemeinhin angenommen. Laut Marggraf lagen auf Lokalbahnen 63 % der Haupt- und Nebengleise auf eisernen Langschwellen des Systems Hilf, 10,7 % auf eisernen Querschwellen und nur 25 % auf hölzernen Querschwellen.

Die Profilformen IX und X haben ihren Ursprung in den älteren Hauptbahnprofilen bis zurück zur Birnenform. Sie wurden entwickelt um den erhöhten Anforderungen des Schienenverkehrs gerecht zu werden. Die Entwicklungsschritte waren jedoch im Vergleich zu anderen Bahnen sehr klein. Um die Jahrhundertwende waren in den USA Achsdrücken von 28-32 t nicht unüblich (auf sehr viel leichterem Ober- und Unterbau), in Frankreich wurde mit immerhin 24 t experimentiert. Die Generaldirektion der K.Bay. Sts. B gab 1904 die SF X nach langen Versuchsreihen "auf geeignetem, verstärktem Unterbau" für eine Achslast von 18t, die SF IX für 17t frei. Freiherr von Welser reklamiert in seinen Fahrzeugbeschreibungen häufig die Einschränkungen die aus dem niedrigen zulässigen Achsdruck resultieren. Jedoch zeigte sich die Bahnverwaltung hier sehr rigide und war bis 1908 nicht bereit höhere Achsdrücke zuzulassen, obwohl die Erkenntnisse aus verschiedenen Versuchsreihen dies durchaus ermöglicht hätten.

1904 stellte die Bahnverwaltung zum wiederholten Mal mittels eingehender Untersuchungen (Der Bericht hat ca. 200 Seiten [Hauptstaatsarchiv 5758]) fest, das die Kostenersparnis bei Verwendung nur eines Regelprofils durch Einsparungen bei der Materialhaltung ("just in time production" war noch unbekannt, die Lieferverträge wurden jährlich mit fixen Lieferterminen und mengen geschlossen) so groß waren dass es die günstigste Alternative sei, nur noch eine Profilform und die dazu benötigten Oberbaumaterialien zu beschaffen (Verfügung vom April 1905). Die Bahnverwaltung verfügte jedoch auch, dass altbrauchbare Materialien der Schienenformen IIa, V und IX auf Strecken mit geringerer Belastung (nicht zu verwechseln mit geringer Bedeutung!) weiterzuverwenden wären bis eine endgültige Auswechslung nicht mehr zu umgehen sei. Für den Zweck der Wiederverwendung und Aufarbeitung war auch die Beschaffung von neuem Material für alte Schienenformen zulässig. Daher trifft man auf bayerischen Strecken die Formen IX und X sowie Bestände älterer Schienformen bunt gemischt und anscheinend keiner Logik folgend an. Eine klare Aussage welche Schienenform Verwendung fand ist nur mit Hilfe von authentischen Quellen möglich, aufgrund der Wertigkeit der Strecke kann nicht auf eine bestimmte Profilform geschlossen werden. Selbst für Streckenneubauten wurde mit Ausnahme von Schnellzuglinien altbrauchbares Material verwendet.

Dem aktiven Modellbahner stellt sich hier natürlich die Frage inwieweit sich eine Nachbildung der Unterschiede lohnt. Bei den Schienenprofilen sind die Unterschiede gering, die durch maßstäbliche Nachbildung verursachten Schwierigkeiten jedoch groß. Geeignet für den Nachbau erscheinen die Spur Z Profile von Märklin und Peco, wobei Märklin für SF X und Peco für die Form IX maßstäblicher ist. Der Unterschied ist jedoch selbst im direkten Vergleich nur schwer zu erkennen. Für die Formen IIa ist Peco Code 60 die Wahl, und die Form V liegt zwischen Code 40 und Code 55 Material. Mit Code 40 werden die auftauchenden Probleme aber sehr groß, wenn nicht mit H0pur gefahren wird. Die für die Weichenzungen erforderlichen niedrigeren Profile verhindern allerdings das befahren mit NEM-Rädern und auch für RP 25 sind einige Anpassungen erforderlich wenn Gleitplatten eingebaut werden sollen. Hierauf wird jedoch später noch genauer eingegangen.
Die Unterschiede bei den Schwellenlagen des Streckengleises sind innerhalb der jeweiligen Gruppen (SF IX/X und IIa/V) bei maßstäblicher Umsetzung sehr gering und nur im direkten Vergleich zu erkennen.

Es gäbe noch sehr viel mehr zu den Schienenprofilen zu sagen, doch ist das meiste für den Modellbahner zumindest nicht direkt zu verwerten. Deshalb soll die Behandlung der Profile im Rahmen dieses Artikels hier abgeschlossen sein, und wir wenden uns dem nächsten Thema zu:

2. Schwellen

Wie bereits erwähnt befanden sich sowohl Längs- als auch Querschwellenoberbauten regelmäßig im Einsatz. Hier sollen jedoch nur die Querschwellenoberbauten besprochen werden, für die Längsschwellenoberbauten ist die Quellenlage dürftig (Weichenpläne konnte ich trotz intensiver Suche bis heute nicht finden, jedoch deutet eine Bilderrecherche darauf hin, dass es zumindest mit Einführung des eisernen Oberbaus in Bayern keine Langschwellenweichen gab, sondern Querschwellen zur Anwendung gelangten).
In Bayern wurden Eisen- und Holzschwellen verwendet, die Holzschwellen wurden in I.-IV. Klasse unterschieden. Die Eisenquerschwellen waren für Hauptbahnen 2,7 m, für Nebenbahnen 2,5 m lang sowie 24 cm breit. Für die Formen IX und X gab es eiserne Doppelschwellen für die Stoßverbindung. Holzschwellen waren für das Streckengleis 2,5 m lang und 23 cm breit.
Die Holzschwellen I. Klasse (SF X, SF IX) waren fehlerfreie Eichenholzschwellen oder auch getränkte Buchenschwellen. Die II. Klasse (SF IX, IIa, V für 6 t Raddruck) umfasst die nicht ganz fehlerfreien Eichen- und Buchenholzschwellen. Die III. Klasse (Lokalbahnen) umfasst die fehlerfreien Nadelhölzer und die restlichen Holzarten. Aus den gerade noch verwendbaren Hölzern der IV. Klasse wurden noch die Nebengleise der Vizinal- und Lokalbahnen gebaut. Die Schwellen wurden je nach Holzart mit Teeröl oder Kupfervitriol, wobei Nadelhölzer durch Kupfervitriol eine "intensiv grüne Färbung" erhielten (Marggraf, diese Färbung entspricht der Farbe der auch heute noch gelegentlich zu sehenden Telegrafenmasten die aus den gleichen Hölzer gefertigt und auf dieselbe Weise behandelt werden..) und seltener mit anderen Tränkungsmitteln. Alle Fäulnisschutzmittel waren hochgiftig, Gleisbauarbeiter waren überdurchschnittlich häufig sehr früh Dienstunfähig. Die Staatsbahnverwaltung verfügte aber erst 1897 dass den Arbeitern wenigstens Schutzhandschuhe auszuhändigen waren wenn sie Schwellen die mit Quecksilbersublimat behandelt waren verlegten.
Die Schwellenteilungen sind uneinheitlich, je nach Bedeutung des Gleises wurde mit den unterschiedlichsten Stoßschwellenabständen gearbeitet, die Abstände der Zwischenschwellen waren genormt. Diese Normen haben sich zwischen 1860 und 1916 elfmal geändert, teilweise wurden sogar die alten Zeichnungen angepasst wie die Grafik zeigt. Die vorliegenden Unterlagen lassen jedoch eine recht genaue Rekonstruktion in der Zeitachse zu.

Für den Nachbau bestimmter Strecken ist es wohl am sinnvollsten, die zum gewählten Zeitraum gültige Norm für das gewählte Profil zu verwenden. Bei den Weichen sind die Unterschiede teilweise recht deutlich, beim Streckengleis sind sie eher gering.

Die Zeichnung zeigt keineswegs Doppelschwellen, sondern sie wurde im Original geändert! (Hauptstaatsarchiv, Bayerische Normalien)


Eisenschwellen lagen wie aus Tabelle 1 ersichtlich ist deutlich enger als Holzschwellen. Der Grund dafür ist nicht geringere Qualität oder Belastbarkeit sondern ein rein praktischer. Für das verdichten des eingebrachten Schotters ist ein gewisser Arbeitsraum notwendig. Dieser ist für die damals verwendeten Handwerkzeugen deutlich größer als beim später eingeführten maschinellen Stopfen. Gerne hätte man die Schwellen deutlich enger gelegt um höhere Achsdrücke und Fahrgeschwindigkeiten zulassen zu können, jedoch war dies wegen des notwendigen Stopfens nicht möglich. Im Bereich der Stoßschwellen, die sehr eng lagen war diese Arbeit bereits deutlich erschwert. Die Eisenschwellen mit ihrer Fase entlang der Längsachse erlaubten einen engeren Abstand, die mechanischen Eigenschaften waren denen der Holzschwellen gleichwertig.
Die genauen Abmessungen und Lagepläne hier wiederzugeben übersteigt den zur Verfügung stehenden Platz bei weitem. Interessierte Leser können gerne Kontakt aufnehmen, im Anhang finden Sie auch eine Liste der vorhandenen Zeichnungen von denen ich gerne Kopien mache.

Die Kleineisen weisen eine fast unüberschaubare Vielfalt auf Es gibt Hakenplatten, Rippenplatten Unterlegplatten und noch Hunderte von Ergänzungsteilen. Allein die Zeichnungen der Kleineisen der SF X verteilen sich auf 41 Seiten, und auf jedem Blatt finden sich mehrere Teile. Hier sollen die wesentlichen Elemente herausgegriffen und beschrieben werden:
Die besprochenen Oberbausysteme IIA, V, IX und X verfügen im Regelfall über Unterlegplatten zwischen Schwelle und Profil, die sowohl für eine mechanische Schonung der Schwelle als auch die Schrägstellung des Gleisprofils nach innen von 1:20 bewirken.

Das nebenstehende Bild zeigt eine Zwischenplatte C IX "schmale Form" in ge-schraubter Ausführung. Diese Platte ist die typische Platte der SF IX für Zwischenschwellen auf dem Streckengleis. Ohne Schrägstellung des Profils wurde diese Platte auch auf Weichen verwendet. Für den Übergang zwischen Streckengleis und Weiche gab es Unterlegkeile, die für die allmähliche Aufrichtung des Profils bis zur senkrechten Stellung sorgten. Die Rand- und Zwischenplatten waren für die Belastbarkeit des Oberbaus von ähnlicher Bedeutung wie das Schienenprofil, da durch sie die Übertragung der von den Fahrzeugen eingeleiteten Kräfte auf die Schwellen erfolgte. Daher resultieren u.a. auch die variierenden Angaben bei den zulässigen Raddrücken für die einzelnen Schienenformen.

Unterlegplatte SF IX

Hakenplatte SF X


Der entscheidende Unterschied ist die Verteilung der wirksamen Kräfte: bei allen Schienenformen außer X müssen alle wirkenden Kräfte außer dem effektiven Raddruck in der Praxis von den Befestigungselementen aufgenommen werden. Diese werden vorwiegend in einer ungünstigen Richtung (Scherkräfte) belastet. Bei der Form X ist die Kraftverteilung durch die Hakenplatte deutlich verbessert, die nach innen wirkenden Kräfte werden in die Unterlegplatte geleitet und die Scherbelastung der Schrauben sinkt wesentlich.
Im übrigen waren bis einschließlich SF IX im Normalfall die Schienenprofile mit Gleisnägeln befestigt. Ausnahmen waren die Hauptgleise der Courier- und Schnellzuglinien, auf denen schon ab 1860 die Profile mit den Schwellen und Unterlegplatten verschraubt wurden.
Wie aus den Grafiken ersichtlich waren die Unterlegplatten recht klein, so dass sich für den Modellbahner die Frage stellt wie sie nachgebildet werden können, bzw. ob sich eine Nachbildung überhaupt lohnt. Die Teile sind maßstäblich für HO 2,24 mm lang und 1,7 mm breit, sie sollten auch noch über eine Nut für den Profilfuß verfügen. Richtig klein wird es dann bei den Schrauben deren maßstäbliche Schlüsselweite 0,22 mm bei einem Höhe über der Platte von 0,4 mm beträgt. Bei Befestigungshaken/Nägeln sind die Verhältnisse ähnlich, nur ist die Höhe geringer. In Anbetracht der benötigten Anzahl, die bei einem geraden Gleis von 9m Vorbildlänge 104 Stück und bei einer Weiche zwischen 260 und 400 beträgt sollte man sich genau überlegen ob man sie einzeln einbauen möchte und wie sie angefertigt werden sollen.
Für interessierte stehen die Zeichnungen der Kleineisen, aus denen sich auch die Schwellenlagen weitgehend rekonstruieren lassen zur Verfügung.

3. Schotter

Grundsätzlich haben die Bahnbauer des letzten Jahrhunderts möglichst Materialien aus der Umgebung der Strecke verwendet. In der Folge findet man so gut wie alle geeigneten Gesteinsarten als Schotter auf den bayerischen Strecken. Die Bedingungen für die Eignung als Schotter waren passende Körnung, Stabilität ("spitzbrechend") und wasserdurchlässigkeit.

Für wichtige Hauptlinien wurden hochwertiger Schotter auch aus größerer Entfernung herangeschafft. Die Reihenfolge der Schotterqualitäten war Sand, Kies, Gruß (Feinschlag) und Steinschlag.

Die frühe Sandschotterung, 1/3 Kies und 2/3 Sand trat ab etwa 1880 in den Hintergrund, da Ihre Nachteile den Kostenvorteil beim Bau langfristig wieder aufhoben. Da Sand stark feuchtigkeitsbindend wirkt waren die Schwellen deutlich schneller abgängig. Die "Sandschotterung" die später angewandt wurde bestand daher zu etwa 2/3 aus Kies und zu 1/3 aus Sand. Kiesschotter sollte Kiesgruben entnommen werden, da Flusskies zu "rollig" ist. Das bedeutet, er hat keine scharfen Kanten die sich untereinander verkeilen und so das gewünschte sichere Bett für das Gleis geschaffen wird. Die Korngröße sollte 6 cm nicht überschreiten, Sand mit Korngrößen unter 1 mm sollte im Kies nur in geringen Mengen enthalten sein.

Feinschlag oder Grus sollte eine Korngröße von 1-3 cm haben. Bettungen daraus sind zwar weniger beständig und wasserdurchlässig als solche aus Steinschlag, geben jedoch schnell ein festes Bett und sind da von Vorteil wo häufig Leute gehen müssen, z.B. in Stationen.
Die auch bei der k. Bay. Sts. B als am besten geeignete betrachtete Schotterart war die Verwendung von Steinschlag, vor allem Basalt und Diabas. Kalkstein wurde Streckenabhängig ebenfalls gerne verwendet.

Der Schotter war bis zur Höhe der Schwellenoberkante einzubringen (die spätere Schotterung hatte in der Mitte zwischen den Gleisen eine Mulde, um dem Streckengeher den Fussbereich freizuhalten). In Bereichen, in denen häufig Fußgänger unterwegs waren wurde auf den Schotter noch eine Sandschicht aufgebracht, um das Gehen zu erleichtern. Ebenso wurden Übergänge oft dadurch hergestellt, dass eine Sandschicht bis knapp unter die Schienenoberkante aufgebracht wurde. Daher ist auch das Missverständnis zu erklären es wäre mit reinem Sand geschottert worden. Auf alten Bildern sind meist Stationen zu sehen. Die Bahnmitarbeiter stehen vor einer dekorativ abgestellten Lokomotive auf einem Bahnsteig, zu dem man nur über die Gleise gelangt. Die Schwellen sind nur zu erahnen, meist aber nicht zu sehen. Für kleinere Stationen mag auch eine weitgehende Einsandung zutreffen, auf Bildern von großen Bahnhöfen oder auf freier Strecke sind die Schellen durchaus zu erkennen. Im Bereich der Stellvorrichtungen der Weichen war der Schotter so einzubringen, dass die Stelleinrichtung in keiner Weise behindert werden konnte. Da diese Stelleinrichtung meist eine einfache Stellstange war, die konstruktionsbedingt auch noch über der Schwellenoberkante zu liegen kam ist die Vorschrift meist ohne direkte Auswirkung geblieben. Erst mit Einführung der fernbedienbaren Weichen mit Spitzenverschluß (Trapez- oder Hammerverschluß  hat jemand eine Zeichnung davon, auf der man erkennt wie er genau funktioniert?) wurde der Bereich der Stelleinrichtung bei der Schotterung speziell behandelt.

Für Modellbahnzwecke ist dies aber nur von untergeordneter Bedeutung, da alle Spitzenverschlüsse höher als die Schwellenoberkante waren/sind, und daher mittels klappbar befestigten Blechhauben geschützt wurden.

4. Weichen und Ihre Bauformen

Die von der K.Bay.Sts.B eingesetzten Weichen haben einige gemeinsame Konstruktionsmerkmale:

Bei allen diesen Punkten gibt es Ausnahmen, so hatten z.B. die einfachen Weichen der SF I weder Zungen- noch Herzstückplatten und auch keine geneigten Schwellen, der Radlenker war selber SF I Profil und ohne Überhöhung auf verlängerter Unterlagsplatte aufgenagelt, die Zunge aus SF I Profile gehobelt  die bis dato verwendete Bauweise. Die Weichen und Kreuzungen der SF IIa Zungenplatten aber keine Herzstückplatten (Aussnahme: die einfache Weiche SF IIa 1/8-160 hatte auch keine Zungenplatte) und hauptsächlich keine geneigten Schwellen, aber vom Herzstückrost her gesehen, an den Verbindungsstellen der Gleise 2 geneigte Schwellen. Für die SF X gibt es lt. einer zuverlässigen Quellen eine Zeichnung in der ein geschraubtes Schienherzstück dargestellt ist. In der Folge sollte diese Weiche dann auch keine Herzstückplatte haben, hat sie aber doch. Es war auch nicht unüblich, bei steigender Verkehrslast Profile und Kleineisen auszuwechseln, die Schwellen jedoch nicht (Bis vor kurzem lag in München Laim eine Weiche mit S 49 Profil und Schwellenlage der SF X).

Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die Doppelweichen ("Dreiwegeweichen"), die typisch für viele Stationen sind, und dies nicht nur auf Lokalbahnen. Es gab sowohl asymmetrische als auch symmetrische Versionen, wobei die symmetrischen Weichen aufgrund Ihrer Eigenheiten (hier ist es konstruktionsbedingt kaum zu vermeiden, dass eine Zunge an einer anderen Zunge anliegt und erst diese ihre Abstützung an der Backenschiene findet) nur in untergeordneten Nebengleisen die mit geringer Geschwindigkeit befahren wurden zu finden waren (DW SF I 1:8,5 Neigung). Diese Nebengleise konnten sich aber auch im Münchner Hauptbahnhof befinden wie Bilder beweisen. Die asymmetrische Doppelweiche umgeht dieses Problem auf Kosten größerer Baulänge, die aber immer noch um ca. 15-30 % kürzer ausfällt als zwei Einzelweichen nach Normalienblatt mit gleicher Herzstückneigung und gleichem Radius.

Die EKW und DKW waren mit innenliegenden Zungen ("Englische Weichen") ausgeführt. Es ist keine Zeichnung einer EKW oder DKW mit außenliegenden Zungen bekannt. In einer Abhandlung wird auch auf die Vorteile der innenliegenden Zungen hingewiesen, und bemerkt das die Bahnverwaltung gut daran getan hätte keine anderen Formen einzuführen. Aufgrund des hohen Bau- und Unterhaltungsaufwandes wurden diese Weichen nur eingebaut wenn es absolut keine andere Möglichkeit gab.

Im übrigen war eine Anpassung der auch damals schon in Teilen vorgefertigten Weiche in Bezug auf Lage und Bauform durchaus üblich z. B. eine Grundform als ABW, teilweise mit recht abenteuerlich anmutenden Schwellenlagen. Innenbogenweichen wurden nur auf diesem Weg hergestellt. Für Aussenbogenweichen waren der Zungen- und der Herzstückrost inklusive der Schienen vorgefertigt, für die Verbiegung des Bereiches zwischen Zunge und Herzstück lagen dem Bauingenieur genormte Konstruktionsskizzen und das mathematische Rüstzeug (trigonometriesche Tafeln, Rechenschieber) vor.

Die Vielzahl der Bauformen und möglichen Konstruktionen verbietet eine eingehende Besprechung der einzelnen Typen nach Schienenformen im Rahmen dieses Artikels. Einige Punkte sollen jedoch noch Erwähnung finden:

Im Regelfall war die steilste Weiche einer jeden Bauform die EW 1:8 oder 1:8,5. Die Radien hierzu bewegen sich zwischen 160 und 185 m. Lokalbahnweichen weisen angeblich Radien bis zu 140 m auf, jedoch habe ich noch keine authentische Zeichnung gesehen.
Bis 1880 (auf Lokalbahnen auch länger) wurden aus technischen Gründen Polygonzugweichen gebaut. Das bedeutet, die Zungen der Weiche sind ebenso gerade wie das Herzstück. Diese Weichen sorgten naturgemäß für eher mäßigen Fahrkomfort und laut Brosius häufige Entgleisungen.

Im gebogenen Strang sind Spurerweiterungen bis auf 1465 mm üblich, bei den flacheren Weichen bis 1450 mm.
Die meisten Weichen sind handgestellt. Anfangs wiesen sie zwei Langschwellen auf, zwischen denen sich die Zungenspitzen befinden. Auf diesen Langschwellen befindet sich der Stellbock (Von dem gibt (gab?) es ein sehr schönes Bavaria-Modell für die SF IIA und V).
Mit diesen Ausführungen soll dieses für die meisten unter uns eher trockene Thema beendet sein, jedoch möchte ich noch einen Blick auf die praktischen Auswirkungen für Modellbahner werfen:

Ein wirklich authentisches Gleissystem gibt es nicht fertig zu kaufen. Da der Selbstbau nicht jedermanns Sache ist und auch nicht sein kann, hier einige durchaus subjektive Anmerkungen zu industriell gefertigten Gleissystemen:
Grundsätzlich kommen die Systeme von Peco (Code 75), Roco (Roco Line, ohne Bettung, Code 83) und das Tillig-Gleis in Frage (auch das Standardprogramm hat, so man es noch erhält interessante Komponenten zu bieten).
Die Profilhöhe und die Rillenmaße sind bei allen dreien auf NEM-Radsätze ausgelegt, mit RP 25 habe ich bisher nur Erfahrungen mit dem Peco und dem Tillig-Gleis sammeln können, es gab dabei keine Probleme.
Die authentischste Wirkung für die "alte" Schienenform IIa hat das Peco Gleis, da es sowohl auf Doppelschwellen als auch auf die Schrägstellung von Schwellen verzichtet. Die Kleineisen und Zungengelenke sowie die Radlenker sind jedoch sehr rustikal ausgefallen. Hier ist das Alter des Systems recht deutlich zu erkennen. Von Vorteil sind die sehr schlanken Weichen und die Erhältlichkeit des Systems (Weinert, Conrad)
Das Roco-Gleis eignet sich sehr gut für die Nachbildung von Gleisanlagen der DRG (ab ca. 1930) und der DB. Die Kleineisen sind fein durchgearbeitet, die Profilhöhe m. E. vertretbar Störend sind die Doppelschwellen an den Weichen und die für den Kinderzimmerbetrieb ausgelegte Zungen- und Gelenkkonstruktion. Als Ausgleich erhält man ein ausgereiftes System welches in fast jedem Spielzeuggeschäft zu bekommen ist, und das seine Zuverlässigkeit zigfach unter Beweis gestellt hat.
Als letztes das Tillig-Gleis. Es stellt einen sehr guten Kompromiss dar: Zumindest in der Bausatzversion preiswert und trotzdem sehr hochwertig, sehr flexibel in der Planung und Verlegung, schön gestaltet und mit einem sehr schlanken Gleisprofil versehen. Dieses System erfüllt am ehesten die Anforderungen an Länderbahngleisanlagen bayerischer Bauart, bei den Weichenbausätzen, die durch ein ungeschlagenes Preis-Leistungsverhältnis glänzen spricht nichts dagegen einige Minuten oder auch Stunden mehr als die zu veranschlagende halbe Stunde in den Bau zu investieren und sie an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Das fehlende Zungengelenk lässt sich entweder kaschieren oder auch verschmerzen, nach dem Motto "Lieber weglassen als zu grob und nicht funktionssicher". In 1:87 fällt das fehlende Zungengelenk kaum auf, bei anderen Systemen fällt das vorhandene Gelenk dafür unangenehm ins Auge.

Für Selbstbauer eignet sich am ehesten das Z-Profil von Märklin (Hatte da nicht jemand einen ganzen Ring, der irgendwo unterwegs war um gerade gebogen zu werden?). Je nach Detaillierungsgrad (Darstellung der Kleineisen und Schrauben oder direkt aufgelötet) ist es durchaus möglich mit NEM-Radsätzen darauf zu fahren. Die Entwicklung von Kleineisen und vor allem von Weichenbauteilen ist sehr aufwendig, das sollte man sich vorher genau überlegen und auch die notwendigen feinmechanischen Kenntnisse und Werkzeuge sollten vorhanden sein. Übrigens lässt sich das Z-Profil durchaus löten. Ein wenig anfrischen und das Oxidationsschutzfett das sich manchmal auf dem Profil befindet mit Lötwasser oder 15 % -iger Phosphorsäure neutralisieren, dann ist die Verarbeitung und Haltbarkeit nicht schlechter als bei anderen Neusilberprofilen.

Quellen, Links und weiterführendes:

Archiv des DB Museums

Verschiedene Dokumente, in der Hauptsache Normaliensammlung

Bibliothek des DB-Museums

Verschiedene Bände, Expl. 7H55 "Oberbaumaterialien der K.Bay.Sts.B"

Bayerisches Hauptstaatsarchiv-Verkehrsarchiv (HstA)

Verschiedene Dokumente, Expl. 5756 und zusammenhängende

Saller, Dr. Ing

"Der Eisenbahnoberbau im Deutschen Reich", 1928 im Eigenverlag der DRG

Brosius und Koch

"Die Schule des Lokomotivführers, II Abtheilung - Der Fahrdienst", 1899 Verlag Bergmann (Nachdruck Welbild-Verlag 1998)

Verschiedene

"Weichenstellungen" Dokumentationsband zur gleichnamigen Ausstellung im Bayerischen Hauptstaatsarchiv 2002

Verschiedene

"Zug der Zeit - Zeit der Züge" Katalog zum 150-jährigen Jubiläum der Eisenbahn in Deutschland

Verschiedene

"Bayern Report" Band 1-9, EJ-Verlag, diverse Erscheinungsdaten

Bernd Schröder

"Der Eiserne Weg", Nach einem Fernsehfilm, ZDF-Verlag

http://homepages.compuserve.de/GuenterWeller/index.htm

Sehr informative Seite zum Thema Weichenselbstbau, eine interessante Komplettanleitung zum Weichenbau und einige sehr gute Zeichnungen.