1. Profilformen und deren Verwendung
Hier soll nur auf die ab 1860 regulär verwendeten Schienenformeneingegangen werden.
Die Tabelle zeigt die Profile die hauptsächlich verwendet wurden mit Ihrem Haupteinsatzgebiet. Die nicht aufgeführten Schienenformen sind entweder sehr alt und waren nach 1865 kaum mehr im Einsatz oder Sonderformen wie z.B. die Rillenschiene "Phoenix"
Schienen-form |
Regellänge m |
Rad-druck to. |
Schwellen-anzahl auf Regellänge |
Stoßschwellen-abstand mm |
Vorhandene Länge km (1928) |
Anwendungs-gebiet |
||
Holz |
Eisen |
Holz |
Eisen |
|||||
I |
6 (5) |
6 |
7(6) |
- |
600 |
- |
k.A. |
Hauptbahnen ab 1867 - etwa 1887 |
II a |
9 |
6,5-8,0 |
13 |
13 |
400 |
340 |
855 |
Hauptbahnen II. Ordnung, Neben- und Lokalbahnen |
V |
9 |
6,25 |
13 |
13 |
456 |
400 |
460 |
Neben- und Lokalbahnen |
IX |
12 |
8,0 -10,0 |
17 |
17 |
400 |
340 |
2210 |
Haupt- und Nebenbahnen |
X |
15 |
8,5-10,5 |
22 |
22 |
420 |
340 |
6110 |
Haupt- und Nebenbahnen |
Tabelle 1 |
Einsatz:
Das
Profil I ist eine Hauptbahnprofil, welches ab 1867 für
Hauptbahnen eingesetzt wurde, z.B. auf der Strecke München -
Simbach a. Inn (Eröffnung 1871). Bis zur Jahrhundertwende 1900
hatte es Bestand, um im Zuge der Einführung Form X ausgetauscht
zu werden. Im Rahmen von Umbauten und Reparaturen, kam vor 1900
zunächst Form IIa (1883) und Form IX (1891) zur Anwendung.
Die
Profile IIa (1883) und V (185) sind "Localbahnprofile",
wobei die Form IIa ursprünglich als Regelschiene entwickelt und
auch eingesetzt wurde, jedoch von den gestiegenen Anforderungen bald
überholt wurde (1893). Die Entwicklung der SF V geht auf die sog
"Vizinalbahnform" zurück, die für die Bahnen
geringer Bedeutung geschaffen wurde um Kosten einzusparen. Die Gleise
der Vizinalbahnform waren zwar, ebenso wie der sehr leichte Oberbau
kostengünstig zu erstellen, jedoch wog der enorme Kostenaufwand
für die Instandhaltung und Pflege diesen Vorteil bei weitem auf
[Hauptstaatsarchiv, 5756 "Vergleichsrechnung der
Oberbaukosten].Erwähnung finden sollen noch die Formen III und
IV, die für Langschwellenoberbauten verwendet wurden. Diese
waren weiter verbreitet und länger in Betrieb als gemeinhin
angenommen. Laut Marggraf lagen auf Lokalbahnen 63 % der Haupt- und
Nebengleise auf eisernen Langschwellen des Systems Hilf, 10,7 % auf
eisernen Querschwellen und nur 25 % auf hölzernen
Querschwellen.
Die Profilformen IX und X haben ihren Ursprung
in den älteren Hauptbahnprofilen bis zurück zur Birnenform.
Sie wurden entwickelt um den erhöhten Anforderungen des
Schienenverkehrs gerecht zu werden. Die Entwicklungsschritte waren
jedoch im Vergleich zu anderen Bahnen sehr klein. Um die
Jahrhundertwende waren in den USA Achsdrücken von 28-32 t nicht
unüblich (auf sehr viel leichterem Ober- und Unterbau), in
Frankreich wurde mit immerhin 24 t experimentiert. Die
Generaldirektion der K.Bay. Sts. B gab 1904 die SF X nach langen
Versuchsreihen "auf geeignetem, verstärktem Unterbau"
für eine Achslast von 18t, die SF IX für 17t frei. Freiherr
von Welser reklamiert in seinen Fahrzeugbeschreibungen häufig
die Einschränkungen die aus dem niedrigen zulässigen
Achsdruck resultieren. Jedoch zeigte sich die Bahnverwaltung hier
sehr rigide und war bis 1908 nicht bereit höhere Achsdrücke
zuzulassen, obwohl die Erkenntnisse aus verschiedenen Versuchsreihen
dies durchaus ermöglicht hätten.
1904 stellte die
Bahnverwaltung zum wiederholten Mal mittels eingehender
Untersuchungen (Der Bericht hat ca. 200 Seiten [Hauptstaatsarchiv
5758]) fest, das die Kostenersparnis bei Verwendung nur eines
Regelprofils durch Einsparungen bei der Materialhaltung ("just
in time production" war noch unbekannt, die Lieferverträge
wurden jährlich mit fixen Lieferterminen und mengen
geschlossen) so groß waren dass es die günstigste
Alternative sei, nur noch eine Profilform und die dazu benötigten
Oberbaumaterialien zu beschaffen (Verfügung vom April 1905). Die
Bahnverwaltung verfügte jedoch auch, dass altbrauchbare
Materialien der Schienenformen IIa, V und IX auf Strecken mit
geringerer Belastung (nicht zu verwechseln mit geringer Bedeutung!)
weiterzuverwenden wären bis eine endgültige Auswechslung
nicht mehr zu umgehen sei. Für den Zweck der Wiederverwendung
und Aufarbeitung war auch die Beschaffung von neuem Material für
alte Schienenformen zulässig. Daher trifft man auf bayerischen
Strecken die Formen IX und X sowie Bestände älterer
Schienformen bunt gemischt und anscheinend keiner Logik folgend an.
Eine klare Aussage welche Schienenform Verwendung fand ist nur mit
Hilfe von authentischen Quellen möglich, aufgrund der Wertigkeit
der Strecke kann nicht auf eine bestimmte Profilform geschlossen
werden. Selbst für Streckenneubauten wurde mit Ausnahme von
Schnellzuglinien altbrauchbares Material verwendet.
Dem
aktiven Modellbahner stellt sich hier natürlich die Frage
inwieweit sich eine Nachbildung der Unterschiede lohnt. Bei den
Schienenprofilen sind die Unterschiede gering, die durch maßstäbliche
Nachbildung verursachten Schwierigkeiten jedoch groß. Geeignet
für den Nachbau erscheinen die Spur Z Profile von Märklin
und Peco, wobei Märklin für SF X und Peco für die Form
IX maßstäblicher ist. Der Unterschied ist jedoch selbst im
direkten Vergleich nur schwer zu erkennen. Für die Formen IIa
ist Peco Code 60 die Wahl, und die Form V liegt zwischen Code 40 und
Code 55 Material. Mit Code 40 werden die auftauchenden Probleme aber
sehr groß, wenn nicht mit H0pur gefahren wird. Die für die
Weichenzungen erforderlichen niedrigeren Profile verhindern
allerdings das befahren mit NEM-Rädern und auch für RP 25
sind einige Anpassungen erforderlich wenn Gleitplatten eingebaut
werden sollen. Hierauf wird jedoch später noch genauer
eingegangen.
Die Unterschiede bei den Schwellenlagen des
Streckengleises sind innerhalb der jeweiligen Gruppen (SF IX/X und
IIa/V) bei maßstäblicher Umsetzung sehr gering und nur im
direkten Vergleich zu erkennen.
Es gäbe noch sehr viel
mehr zu den Schienenprofilen zu sagen, doch ist das meiste für
den Modellbahner zumindest nicht direkt zu verwerten. Deshalb soll
die Behandlung der Profile im Rahmen dieses Artikels hier
abgeschlossen sein, und wir wenden uns dem nächsten Thema zu:
2. Schwellen
Wie bereits
erwähnt befanden sich sowohl Längs- als auch
Querschwellenoberbauten regelmäßig im Einsatz. Hier sollen
jedoch nur die Querschwellenoberbauten besprochen werden, für
die Längsschwellenoberbauten ist die Quellenlage dürftig
(Weichenpläne konnte ich trotz intensiver Suche bis heute nicht
finden, jedoch deutet eine Bilderrecherche darauf hin, dass es
zumindest mit Einführung des eisernen Oberbaus in Bayern keine
Langschwellenweichen gab, sondern Querschwellen zur Anwendung
gelangten).
In Bayern wurden Eisen- und Holzschwellen verwendet,
die Holzschwellen wurden in I.-IV. Klasse unterschieden. Die
Eisenquerschwellen waren für Hauptbahnen 2,7 m, für
Nebenbahnen 2,5 m lang sowie 24 cm breit. Für die Formen IX und
X gab es eiserne Doppelschwellen für die Stoßverbindung.
Holzschwellen waren für das Streckengleis 2,5 m lang und 23 cm
breit.
Die Holzschwellen I. Klasse (SF X, SF IX) waren fehlerfreie
Eichenholzschwellen oder auch getränkte Buchenschwellen. Die II.
Klasse (SF IX, IIa, V für 6 t Raddruck) umfasst die nicht ganz
fehlerfreien Eichen- und Buchenholzschwellen. Die III. Klasse
(Lokalbahnen) umfasst die fehlerfreien Nadelhölzer und die
restlichen Holzarten. Aus den gerade noch verwendbaren Hölzern
der IV. Klasse wurden noch die Nebengleise der Vizinal- und
Lokalbahnen gebaut. Die Schwellen wurden je nach Holzart mit Teeröl
oder Kupfervitriol, wobei Nadelhölzer durch Kupfervitriol eine
"intensiv grüne Färbung" erhielten (Marggraf,
diese Färbung entspricht der Farbe der auch heute noch
gelegentlich zu sehenden Telegrafenmasten die aus den gleichen Hölzer
gefertigt und auf dieselbe Weise behandelt werden..) und seltener mit
anderen Tränkungsmitteln. Alle Fäulnisschutzmittel waren
hochgiftig, Gleisbauarbeiter waren überdurchschnittlich häufig
sehr früh Dienstunfähig. Die Staatsbahnverwaltung verfügte
aber erst 1897 dass den Arbeitern wenigstens Schutzhandschuhe
auszuhändigen waren wenn sie Schwellen die mit
Quecksilbersublimat behandelt waren verlegten.
Die
Schwellenteilungen sind uneinheitlich, je nach Bedeutung des Gleises
wurde mit den unterschiedlichsten Stoßschwellenabständen
gearbeitet, die Abstände der Zwischenschwellen waren genormt.
Diese Normen haben sich zwischen 1860 und 1916 elfmal geändert,
teilweise wurden sogar die alten Zeichnungen angepasst wie die Grafik
zeigt. Die vorliegenden Unterlagen lassen jedoch eine recht genaue
Rekonstruktion in der Zeitachse zu.
Für den Nachbau
bestimmter Strecken ist es wohl am sinnvollsten, die zum gewählten
Zeitraum gültige Norm für das gewählte Profil zu
verwenden. Bei den Weichen sind die Unterschiede teilweise recht
deutlich, beim Streckengleis sind sie eher gering.
Die Zeichnung zeigt keineswegs Doppelschwellen, sondern sie wurde im Original geändert! (Hauptstaatsarchiv, Bayerische Normalien) |
Eisenschwellen
lagen wie aus Tabelle 1 ersichtlich ist deutlich enger als
Holzschwellen. Der Grund dafür ist nicht geringere Qualität
oder Belastbarkeit sondern ein rein praktischer. Für das
verdichten des eingebrachten Schotters ist ein gewisser Arbeitsraum
notwendig. Dieser ist für die damals verwendeten Handwerkzeugen
deutlich größer als beim später eingeführten
maschinellen Stopfen. Gerne hätte man die Schwellen deutlich
enger gelegt um höhere Achsdrücke und Fahrgeschwindigkeiten
zulassen zu können, jedoch war dies wegen des notwendigen
Stopfens nicht möglich. Im Bereich der Stoßschwellen, die
sehr eng lagen war diese Arbeit bereits deutlich erschwert. Die
Eisenschwellen mit ihrer Fase entlang der Längsachse erlaubten
einen engeren Abstand, die mechanischen Eigenschaften waren denen der
Holzschwellen gleichwertig.
Die genauen Abmessungen und Lagepläne
hier wiederzugeben übersteigt den zur Verfügung stehenden
Platz bei weitem. Interessierte Leser können gerne Kontakt
aufnehmen, im Anhang finden Sie auch eine Liste der vorhandenen
Zeichnungen von denen ich gerne Kopien mache.
Die Kleineisen
weisen eine fast unüberschaubare Vielfalt auf Es gibt
Hakenplatten, Rippenplatten Unterlegplatten und noch Hunderte von
Ergänzungsteilen. Allein die Zeichnungen der Kleineisen der SF X
verteilen sich auf 41 Seiten, und auf jedem Blatt finden sich mehrere
Teile. Hier sollen die wesentlichen Elemente herausgegriffen und
beschrieben werden:
Die besprochenen Oberbausysteme IIA, V, IX und
X verfügen im Regelfall über Unterlegplatten zwischen
Schwelle und Profil, die sowohl für eine mechanische Schonung
der Schwelle als auch die Schrägstellung des Gleisprofils nach
innen von 1:20 bewirken.
Das
nebenstehende Bild zeigt eine Zwischenplatte C IX "schmale Form"
in ge-schraubter Ausführung. Diese Platte ist die typische
Platte der SF IX für Zwischenschwellen auf dem Streckengleis.
Ohne Schrägstellung des Profils wurde diese Platte auch auf
Weichen verwendet. Für den Übergang zwischen Streckengleis
und Weiche gab es Unterlegkeile, die für die allmähliche
Aufrichtung des Profils bis zur senkrechten Stellung sorgten. Die
Rand- und Zwischenplatten waren für die Belastbarkeit des
Oberbaus von ähnlicher Bedeutung wie das Schienenprofil, da
durch sie die Übertragung der von den Fahrzeugen eingeleiteten
Kräfte auf die Schwellen erfolgte. Daher resultieren u.a. auch
die variierenden Angaben bei den zulässigen Raddrücken für
die einzelnen Schienenformen.
Unterlegplatte SF IX |
Hakenplatte SF X |
Der
entscheidende Unterschied ist die Verteilung der wirksamen Kräfte:
bei allen Schienenformen außer X müssen alle wirkenden
Kräfte außer dem effektiven Raddruck in der Praxis von den
Befestigungselementen aufgenommen werden. Diese werden vorwiegend in
einer ungünstigen Richtung (Scherkräfte) belastet. Bei der
Form X ist die Kraftverteilung durch die Hakenplatte deutlich
verbessert, die nach innen wirkenden Kräfte werden in die
Unterlegplatte geleitet und die Scherbelastung der Schrauben sinkt
wesentlich.
Im übrigen waren bis einschließlich SF IX
im Normalfall die Schienenprofile mit Gleisnägeln befestigt.
Ausnahmen waren die Hauptgleise der Courier- und Schnellzuglinien,
auf denen schon ab 1860 die Profile mit den Schwellen und
Unterlegplatten verschraubt wurden.
Wie aus den Grafiken
ersichtlich waren die Unterlegplatten recht klein, so dass sich für
den Modellbahner die Frage stellt wie sie nachgebildet werden können,
bzw. ob sich eine Nachbildung überhaupt lohnt. Die Teile sind
maßstäblich für HO 2,24 mm lang und 1,7 mm breit, sie
sollten auch noch über eine Nut für den Profilfuß
verfügen. Richtig klein wird es dann bei den Schrauben deren
maßstäbliche Schlüsselweite 0,22 mm bei einem Höhe
über der Platte von 0,4 mm beträgt. Bei
Befestigungshaken/Nägeln sind die Verhältnisse ähnlich,
nur ist die Höhe geringer. In Anbetracht der benötigten
Anzahl, die bei einem geraden Gleis von 9m Vorbildlänge 104
Stück und bei einer Weiche zwischen 260 und 400 beträgt
sollte man sich genau überlegen ob man sie einzeln einbauen
möchte und wie sie angefertigt werden sollen.
Für
interessierte stehen die Zeichnungen der Kleineisen, aus denen sich
auch die Schwellenlagen weitgehend rekonstruieren lassen zur
Verfügung.
3. Schotter
Grundsätzlich
haben die Bahnbauer des letzten Jahrhunderts möglichst
Materialien aus der Umgebung der Strecke verwendet. In der Folge
findet man so gut wie alle geeigneten Gesteinsarten als Schotter auf
den bayerischen Strecken. Die Bedingungen für die Eignung als
Schotter waren passende Körnung, Stabilität
("spitzbrechend") und wasserdurchlässigkeit.
Für
wichtige Hauptlinien wurden hochwertiger Schotter auch aus größerer
Entfernung herangeschafft. Die Reihenfolge der Schotterqualitäten
war Sand, Kies, Gruß (Feinschlag) und Steinschlag.
Die
frühe Sandschotterung, 1/3 Kies und 2/3 Sand trat ab etwa 1880
in den Hintergrund, da Ihre Nachteile den Kostenvorteil beim Bau
langfristig wieder aufhoben. Da Sand stark feuchtigkeitsbindend wirkt
waren die Schwellen deutlich schneller abgängig. Die
"Sandschotterung" die später angewandt wurde bestand
daher zu etwa 2/3 aus Kies und zu 1/3 aus Sand. Kiesschotter sollte
Kiesgruben entnommen werden, da Flusskies zu "rollig" ist.
Das bedeutet, er hat keine scharfen Kanten die sich untereinander
verkeilen und so das gewünschte sichere Bett für das Gleis
geschaffen wird. Die Korngröße sollte 6 cm nicht
überschreiten, Sand mit Korngrößen unter 1 mm sollte
im Kies nur in geringen Mengen enthalten sein.
Feinschlag oder
Grus sollte eine Korngröße von 1-3 cm haben. Bettungen
daraus sind zwar weniger beständig und wasserdurchlässig
als solche aus Steinschlag, geben jedoch schnell ein festes Bett und
sind da von Vorteil wo häufig Leute gehen müssen, z.B. in
Stationen.
Die auch bei der k. Bay. Sts. B als am besten geeignete
betrachtete Schotterart war die Verwendung von Steinschlag, vor allem
Basalt und Diabas. Kalkstein wurde Streckenabhängig ebenfalls
gerne verwendet.
Der Schotter war bis zur Höhe der
Schwellenoberkante einzubringen (die spätere Schotterung hatte
in der Mitte zwischen den Gleisen eine Mulde, um dem Streckengeher
den Fussbereich freizuhalten). In Bereichen, in denen häufig
Fußgänger unterwegs waren wurde auf den Schotter noch eine
Sandschicht aufgebracht, um das Gehen zu erleichtern. Ebenso wurden
Übergänge oft dadurch hergestellt, dass eine Sandschicht
bis knapp unter die Schienenoberkante aufgebracht wurde. Daher ist
auch das Missverständnis zu erklären es wäre mit
reinem Sand geschottert worden. Auf alten Bildern sind meist
Stationen zu sehen. Die Bahnmitarbeiter stehen vor einer dekorativ
abgestellten Lokomotive auf einem Bahnsteig, zu dem man nur über
die Gleise gelangt. Die Schwellen sind nur zu erahnen, meist aber
nicht zu sehen. Für kleinere Stationen mag auch eine weitgehende
Einsandung zutreffen, auf Bildern von großen Bahnhöfen
oder auf freier Strecke sind die Schellen durchaus zu erkennen. Im
Bereich der Stellvorrichtungen der Weichen war der Schotter so
einzubringen, dass die Stelleinrichtung in keiner Weise behindert
werden konnte. Da diese Stelleinrichtung meist eine einfache
Stellstange war, die konstruktionsbedingt auch noch über der
Schwellenoberkante zu liegen kam ist die Vorschrift meist ohne
direkte Auswirkung geblieben. Erst mit Einführung der
fernbedienbaren Weichen mit Spitzenverschluß (Trapez- oder
Hammerverschluß hat jemand eine Zeichnung davon, auf der
man erkennt wie er genau funktioniert?) wurde der Bereich der
Stelleinrichtung bei der Schotterung speziell behandelt.
Für
Modellbahnzwecke ist dies aber nur von untergeordneter Bedeutung, da
alle Spitzenverschlüsse höher als die Schwellenoberkante
waren/sind, und daher mittels klappbar befestigten Blechhauben
geschützt wurden.
4. Weichen und Ihre Bauformen
Die von der K.Bay.Sts.B eingesetzten Weichen haben einige gemeinsame Konstruktionsmerkmale:
alle bayerischen Weichen sind Gelenkzungenweichen
fast alle haben großflächige Zungen- und Herzstückplatten
laut den Normalienplänen und den Bauvorschriften hatten alle Weichen gegossene Herzstücke.
Radlenker und Zungenprofile bestehen aus Sonderprofilen, die mit dem Regelprofil keine Ähnlichkeiten aufweisen
Es gibt bei bayerischen Weichen keine Doppelschwellen
Innerhalb der Weiche werden Regellängen- und gekürzte Profile verwendet, jedoch keine längeren.
Es gibt nur schwebende, verlaschte Stöße
Ab einem definierten Punkt vor dem Herzstück sind die Schwellen im halben Abzweigwinkel geneigt
Es gibt außer für die SF X keine ABW, nur abgewandelte Grundformen
Der Weichenbogen endet vor dem oder am Herzstück, das Herzstück selbst liegt nicht im Bogen
Bei
allen diesen Punkten gibt es Ausnahmen, so hatten z.B. die einfachen
Weichen der SF I weder Zungen- noch Herzstückplatten und auch
keine geneigten Schwellen, der Radlenker war selber SF I Profil und
ohne Überhöhung auf verlängerter Unterlagsplatte
aufgenagelt, die Zunge aus SF I Profile gehobelt die bis dato
verwendete Bauweise. Die Weichen und Kreuzungen der SF IIa
Zungenplatten aber keine Herzstückplatten (Aussnahme: die
einfache Weiche SF IIa 1/8-160 hatte auch keine Zungenplatte) und
hauptsächlich keine geneigten Schwellen, aber vom Herzstückrost
her gesehen, an den Verbindungsstellen der Gleise 2 geneigte
Schwellen. Für die SF X gibt es lt. einer zuverlässigen
Quellen eine Zeichnung in der ein geschraubtes Schienherzstück
dargestellt ist. In der Folge sollte diese Weiche dann auch keine
Herzstückplatte haben, hat sie aber doch. Es war auch nicht
unüblich, bei steigender Verkehrslast Profile und Kleineisen
auszuwechseln, die Schwellen jedoch nicht (Bis vor kurzem lag in
München Laim eine Weiche mit S 49 Profil und Schwellenlage der
SF X).
Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die Doppelweichen
("Dreiwegeweichen"), die typisch für viele Stationen
sind, und dies nicht nur auf Lokalbahnen. Es gab sowohl asymmetrische
als auch symmetrische Versionen, wobei die symmetrischen Weichen
aufgrund Ihrer Eigenheiten (hier ist es konstruktionsbedingt kaum zu
vermeiden, dass eine Zunge an einer anderen Zunge anliegt und erst
diese ihre Abstützung an der Backenschiene findet) nur in
untergeordneten Nebengleisen die mit geringer Geschwindigkeit
befahren wurden zu finden waren (DW SF I 1:8,5 Neigung). Diese
Nebengleise konnten sich aber auch im Münchner Hauptbahnhof
befinden wie Bilder beweisen. Die asymmetrische Doppelweiche umgeht
dieses Problem auf Kosten größerer Baulänge, die aber
immer noch um ca. 15-30 % kürzer ausfällt als zwei
Einzelweichen nach Normalienblatt mit gleicher Herzstückneigung
und gleichem Radius.
Die EKW und DKW waren mit innenliegenden
Zungen ("Englische Weichen") ausgeführt. Es ist keine
Zeichnung einer EKW oder DKW mit außenliegenden Zungen bekannt.
In einer Abhandlung wird auch auf die Vorteile der innenliegenden
Zungen hingewiesen, und bemerkt das die Bahnverwaltung gut daran
getan hätte keine anderen Formen einzuführen. Aufgrund des
hohen Bau- und Unterhaltungsaufwandes wurden diese Weichen nur
eingebaut wenn es absolut keine andere Möglichkeit gab.
Im
übrigen war eine Anpassung der auch damals schon in Teilen
vorgefertigten Weiche in Bezug auf Lage und Bauform durchaus üblich
z. B. eine Grundform als ABW, teilweise mit recht abenteuerlich
anmutenden Schwellenlagen. Innenbogenweichen wurden nur auf diesem
Weg hergestellt. Für Aussenbogenweichen waren der Zungen- und
der Herzstückrost inklusive der Schienen vorgefertigt, für
die Verbiegung des Bereiches zwischen Zunge und Herzstück lagen
dem Bauingenieur genormte Konstruktionsskizzen und das mathematische
Rüstzeug (trigonometriesche Tafeln, Rechenschieber) vor.
Die
Vielzahl der Bauformen und möglichen Konstruktionen verbietet
eine eingehende Besprechung der einzelnen Typen nach Schienenformen
im Rahmen dieses Artikels. Einige Punkte sollen jedoch noch Erwähnung
finden:
Im Regelfall war die steilste Weiche einer jeden
Bauform die EW 1:8 oder 1:8,5. Die Radien hierzu bewegen sich
zwischen 160 und 185 m. Lokalbahnweichen weisen angeblich Radien bis
zu 140 m auf, jedoch habe ich noch keine authentische Zeichnung
gesehen.
Bis 1880 (auf Lokalbahnen auch länger) wurden aus
technischen Gründen Polygonzugweichen gebaut. Das bedeutet, die
Zungen der Weiche sind ebenso gerade wie das Herzstück. Diese
Weichen sorgten naturgemäß für eher mäßigen
Fahrkomfort und laut Brosius häufige Entgleisungen.
Im
gebogenen Strang sind Spurerweiterungen bis auf 1465 mm üblich,
bei den flacheren Weichen bis 1450 mm.
Die meisten Weichen sind
handgestellt. Anfangs wiesen sie zwei Langschwellen auf, zwischen
denen sich die Zungenspitzen befinden. Auf diesen Langschwellen
befindet sich der Stellbock (Von dem gibt (gab?) es ein sehr schönes
Bavaria-Modell für die SF IIA und V).
Mit diesen Ausführungen
soll dieses für die meisten unter uns eher trockene Thema
beendet sein, jedoch möchte ich noch einen Blick auf die
praktischen Auswirkungen für Modellbahner werfen:
Ein
wirklich authentisches Gleissystem gibt es nicht fertig zu kaufen. Da
der Selbstbau nicht jedermanns Sache ist und auch nicht sein kann,
hier einige durchaus subjektive Anmerkungen zu industriell
gefertigten Gleissystemen:
Grundsätzlich kommen die Systeme
von Peco (Code 75), Roco (Roco Line, ohne Bettung, Code 83) und das
Tillig-Gleis in Frage (auch das Standardprogramm hat, so man es noch
erhält interessante Komponenten zu bieten).
Die Profilhöhe
und die Rillenmaße sind bei allen dreien auf NEM-Radsätze
ausgelegt, mit RP 25 habe ich bisher nur Erfahrungen mit dem Peco und
dem Tillig-Gleis sammeln können, es gab dabei keine
Probleme.
Die authentischste Wirkung für die "alte"
Schienenform IIa hat das Peco Gleis, da es sowohl auf Doppelschwellen
als auch auf die Schrägstellung von Schwellen verzichtet. Die
Kleineisen und Zungengelenke sowie die Radlenker sind jedoch sehr
rustikal ausgefallen. Hier ist das Alter des Systems recht deutlich
zu erkennen. Von Vorteil sind die sehr schlanken Weichen und die
Erhältlichkeit des Systems (Weinert, Conrad)
Das Roco-Gleis
eignet sich sehr gut für die Nachbildung von Gleisanlagen der
DRG (ab ca. 1930) und der DB. Die Kleineisen sind fein
durchgearbeitet, die Profilhöhe m. E. vertretbar Störend
sind die Doppelschwellen an den Weichen und die für den
Kinderzimmerbetrieb ausgelegte Zungen- und Gelenkkonstruktion. Als
Ausgleich erhält man ein ausgereiftes System welches in fast
jedem Spielzeuggeschäft zu bekommen ist, und das seine
Zuverlässigkeit zigfach unter Beweis gestellt hat.
Als
letztes das Tillig-Gleis. Es stellt einen sehr guten Kompromiss dar:
Zumindest in der Bausatzversion preiswert und trotzdem sehr
hochwertig, sehr flexibel in der Planung und Verlegung, schön
gestaltet und mit einem sehr schlanken Gleisprofil versehen. Dieses
System erfüllt am ehesten die Anforderungen an
Länderbahngleisanlagen bayerischer Bauart, bei den
Weichenbausätzen, die durch ein ungeschlagenes
Preis-Leistungsverhältnis glänzen spricht nichts dagegen
einige Minuten oder auch Stunden mehr als die zu veranschlagende
halbe Stunde in den Bau zu investieren und sie an die eigenen
Bedürfnisse anzupassen. Das fehlende Zungengelenk lässt
sich entweder kaschieren oder auch verschmerzen, nach dem Motto
"Lieber weglassen als zu grob und nicht funktionssicher".
In 1:87 fällt das fehlende Zungengelenk kaum auf, bei anderen
Systemen fällt das vorhandene Gelenk dafür unangenehm ins
Auge.
Für Selbstbauer eignet sich am ehesten das Z-Profil
von Märklin (Hatte da nicht jemand einen ganzen Ring, der
irgendwo unterwegs war um gerade gebogen zu werden?). Je nach
Detaillierungsgrad (Darstellung der Kleineisen und Schrauben oder
direkt aufgelötet) ist es durchaus möglich mit
NEM-Radsätzen darauf zu fahren. Die Entwicklung von Kleineisen
und vor allem von Weichenbauteilen ist sehr aufwendig, das sollte man
sich vorher genau überlegen und auch die notwendigen
feinmechanischen Kenntnisse und Werkzeuge sollten vorhanden sein.
Übrigens lässt sich das Z-Profil durchaus löten. Ein
wenig anfrischen und das Oxidationsschutzfett das sich manchmal auf
dem Profil befindet mit Lötwasser oder 15 % -iger Phosphorsäure
neutralisieren, dann ist die Verarbeitung und Haltbarkeit nicht
schlechter als bei anderen Neusilberprofilen.
Quellen,
Links und weiterführendes:
Archiv des DB Museums
Verschiedene Dokumente, in der Hauptsache Normaliensammlung
Bibliothek des DB-Museums
Verschiedene Bände, Expl. 7H55 "Oberbaumaterialien der K.Bay.Sts.B"
Bayerisches Hauptstaatsarchiv-Verkehrsarchiv (HstA)
Verschiedene Dokumente, Expl. 5756 und zusammenhängende
Saller, Dr. Ing
"Der Eisenbahnoberbau im Deutschen Reich", 1928 im Eigenverlag der DRG
Brosius und Koch
"Die Schule des Lokomotivführers, II Abtheilung - Der Fahrdienst", 1899 Verlag Bergmann (Nachdruck Welbild-Verlag 1998)
Verschiedene
"Weichenstellungen" Dokumentationsband zur gleichnamigen Ausstellung im Bayerischen Hauptstaatsarchiv 2002
Verschiedene
"Zug der Zeit - Zeit der Züge" Katalog zum 150-jährigen Jubiläum der Eisenbahn in Deutschland
Verschiedene
"Bayern Report" Band 1-9, EJ-Verlag, diverse Erscheinungsdaten
Bernd Schröder
"Der Eiserne Weg", Nach einem Fernsehfilm, ZDF-Verlag
http://homepages.compuserve.de/GuenterWeller/index.htm
Sehr informative Seite zum Thema Weichenselbstbau, eine interessante Komplettanleitung zum Weichenbau und einige sehr gute Zeichnungen.