In den letzten Jahren ist ein Trend zu vorbildgerechten Gleisanlagen auf vielen Anlagen und Modulen zu beobachten. Während die einen mit viel Geld und Aufwand nahezu maßstäbliche Weichen auf gelaserten Schwellenrosten mit Messingfeingussteilen aufbauen, nageln andere Schienenprofile auf Weichholschwellen fest wie es schon die Altvorderen getan haben. Dazwischen gibt es noch viele Techniken, die mit verschiedenen Mitteln ein dem Erbauer genügendes optisches Bild ergeben sollen. Eine dieser Methoden ist das auflöten von Gleisprofilen auf Pertinaxschwellen, wie es z.B. J. Timmermanns schon des öfteren beschrieben hat.

Eine Verbindung zwischen der Nagelmethode und dem auflöten stellen die Weichenbausätze aus dem Modellwerk dar. Die Schienenprofile werden mit einem gefrästen Schwellenrost dauerhaft und lagestabil verlötet, zur Verbesserung der Optik werden anschließend noch außen und/oder innen an den Profilen Nägel eingedrückt, die als Kleineisen dienen. Bisher gab es eine große Auswahl an Weichenbausätzen für Weichen der Reichsbahnbauart, inklusive der einzigen vorbildgetreuen Doppelweichen die sich auf dem Markt finden.

Neu vorgestellt auf der Münchener Modellbahnmesse wurden nun Weichen nach bayerischen Zeichnungen.

Ein Bausatz „Bayerische Weiche 1:8, Schienenform X“ soll hier eingehend betrachtet werden. Im Weiteren werden noch mögliche optische Verbesserungen am Grundbausatz sowie einige Gedanken zu den Möglichkeiten, die die angewandte Technik bietet angesprochen werden.

Anmerken möchte ich noch das der Schwellenrost den ich für diesen Artikel verwendet habe ein Prototyp war, den ich „direkt aus der Fräsmaschine“ bekommen habe. Dadurch waren an diesem Rost noch einige kleine Fehler zu korrigieren die in der Serienfertigung behoben sind.

Nach diesen Vorbemerkungen nun zum Modellwerk Bausatz:

Die Komplettbausätze des Modellwerks werden sehr vollständig geliefert, es ist nicht nötig noch etwas zuzukaufen, von einigen wichtigen und verlustanfälligen Teilen, wie Verbindungsnieten für die Zungen zur Stellstange und Schienennägel ist Ersatz beigelegt.

Die Herzstücke und Zungenprofile sind vorgefräst und bedürfen nur geringer Nacharbeit.

Eine vollständige, reichlich bebilderte Bauanleitung liegt jedem Bausatz bei. Alle Teile sind auch einzeln lieferbar, so dass eigene Wünsche problemlos umzusetzen sind.

Die Weiche die hier vorgestellt wird, wurde z.B. mit Märklin Z-Profilen gebaut und wäre normalerweise problemlos mit NEM-Spurkränzen befahrbar.

An Werkzeug wird das für Lötarbeiten übliche benötigt: ein Lötkolben mit mindestens 30, besser 60W mit ordentlicher Spitze, Glashaarpinsel und Feile, eine Uhrmacher- oder notfalls eine Laubsäge und eine Fühlerlehre. Einige Spurlehren sollten noch bereitliegen und los geht’s. Selbstverständlich brauchen wir auch Lötzinn/Paste und ein geeignetes Flussmittel. Dazu noch ein Wort: ich verwende als Flussmittel meist die häufig empfohlene Phosphorsäure (15-25%). Während die Säure im flüssigen Zustand weitestgehend ungefährlich ist, entstehen beim Verdampfen höchst aggressive und gesundheitsgefährdende Dämpfe. Ich arbeite mit einer Absauganlage mit Aktivkohlefilter und bleibe den Schwaden möglichst fern, ebenso bin ich sparsam bei der Dosierung. Sollten Sie diese Möglichkeit nicht haben ist es besser auf das deutlich weniger schädliche „Lötwasser“ aus dem Baumarkt oder ein Kollophonium-basiertes Flussmittel zurückzugreifen. Dasselbe gilt auch für das ab 2004 nicht mehr frei verkäufliche TINOL. Wenn Sie Lötpaste verwenden möchten nehmen Sie eine hochwertige Paste, diejenige, die im Baumarkt neben dem Lötwasser steht, sorgt garantiert für Misserfolge, weil sie für diesen Zweck weder gedacht noch geeignet ist. Gute Erfahrungen habe ich mit hochwertiger SMD-Lötpaste gesammelt. Diese hat den Vorteil keine aggressiven Flussmittel zu enthalten.

Als erstes Teil wird der Schwellenrost überprüft. Er ist einwandfrei gefräst, keine Rattermarken oder Spuren gebrochener Fräser stören den optischen Eindruck. Das Material ist 2mm starkes, Kupferbeschichtetes FR 4 Epoxydharz, das Standardmaterial für hochwertige Leiterplatten. Der Vorteil dieses Kunststoffes ist seine hohe mechanische Belastbarkeit sowie seine Unempfindlichkeit gegen Umwelteinflüsse und Alterung. Das Material verzieht sich nicht und hat eine sehr hohe Bruchfestigkeit.

Als sinnvoll hat es sich erwiesen den Schwellenrost auf einem ebenen Brett aufzuschrauben, entsprechende Bohrungen sind vorhanden.

Der erste Arbeitsgang ist das versäubern und Entgraten der Kupferflächen, auf welche die Profile aufgelötet werden. Das geschieht mit Feile und Glashaarpinsel. Vorsicht dabei, das Epoxydharzlaminat ruiniert jede Feile in kurzer Zeit, nur die Kupferflächen bearbeiten. Anschließend werden diese dünn verzinnt. Nun wird das Profil für den geraden Strang ebenfalls gesäubert indem zwei bis dreimal die Unterseite des Fußes mit dem Glashaarpinsel überstrichen wird. Nun etwas Flussmittel auf die verzinnten Kupferflächen, das Profil am besten an einem Stahllineal ausrichten und ohne weiteres Zinn Festlöten. Das ist relativ einfach und mit einiger Übung entstehen Lötstellen die nicht mehr versäubert werden müssen. Am sinnvollsten ist es das Schienenprofil erst auf einer Seite des Weiche Festzulöten, dann auf der anderen. Dann ich der Mitte und ab jetzt jeweils in der Mitte zwischen zwei Lötstellen. Durch diese Vorgehensweise wird ein Wärmeverzug des Profils verhindert, zumindest aber in Grenzen gehalten.

Anschließend folgt das Schienenprofil des gebogenen Strangs. Es wird in gleicher Weise vorbereitet und befestigt. Im Bereich der Zungen sollte die Spurweite zwischen 16,8 und 17 mm liegen, je nach Ausführung der Zungen. Da ich für die bayerische Weiche eine eigene Zungenkonstruktion verwendet habe, wurden die Backenschienen nicht bearbeitet. Bei Verwendung der Modellwerk-Zungen sollten die Köpfe der Backenschienen innen etwas angeschliffen werden, die Anleitung geht darauf näher ein.

Weiter geht es mit dem Herzstück. Am einfachsten ist es erst die Hauptspitze einzubauen. Vorbereitend wird der Schienenfuß auf der Innenseite auf eine Länge von ca. 10 mm abgefeilt und das Profil ordentlich entgrated. Für die Anhänger von Finescale Normen empfiehlt es sich den Schienenfuß auch auf der Außenseite zu bearbeiten wenn ein Rillenmaß unter 1 mm erreicht werden soll.

Dann wird die Hauptspitze so eingebaut das der Abstand von beiden Backenschienen das gewählte Spurmaß erreicht. Wenn bisher alles richtig gelaufen ist, liegt die Spitze auf der Herzstückplatte etwa mittig. Nun wird die ebenfalls bearbeitete Beispitze eingelötet wobei auf einen exakten Verlauf der Fahrkante im gebogenen Strang und die Einhaltung der Spurweite geachtet werden sollte. Eine Spurerweiterung im gebogenen Strang ist zumindest für NEM und RP25 Glaubenssache, nötig ist sie bei diesen großen Radien nicht.

Dringend nötig sind aber die Flügeschienen. Sie werden passend abgelängt und zwar von der Bohrung in der Zungenplatte ausgehend mit Übermaß. Die Lage der Knickstellen ist von der gewählten Radsatznorm abhängig. Sie sollten sehr sorgfältig festgelegt werden da die Betriebssicherheit und das Laufbild der Fahrzeuge in höchstem Maß durch sie bestimmt wird.

Wichtig sind gerader Verlauf der gedachten Linie zwischen Flügelschiene und Herzstück sowie die Einhaltung einer möglichst kleinen Lücke. Zu klein sollte die Lücke aber auch nicht ausfallen, denn sonst gibt es nach dem Einbau der Radlenker unangenehme Überraschungen.

Als letztes fällt noch der Bau der Zungen an. Diese werden als gefrästes Profil geliefert, das mit einem ebenso mitgelieferten geätzten Schienenfuß verlötet wird. Das Gelenk habe ich aus einem Niet gebaut, dessen Kopf flach gefeilt wurde. Bei den Komplettbausätzen liegt ein passendes Teil samt Anleitung bei.

Nun wird noch die Stellstange montiert und die Weiche ist nach einer gründlichen Reinigung unter fließendem Wasser fertig. Der Zeitaufwand wird belohnt durch den ausgezeichneten Lauf von Fahrzeugen durch die Weiche.





Wer hier angekommen ist hat die Gewissheit eine in den Abmessungen korrekte und technisch einwandfreie Weiche gebaut zu haben. Bleibt nur noch das einbauen in die Anlage oder das Modul samt leidigem Nägeleindrücken. Nach dem lackieren und einschottern sieht die Weiche zumindest für Brillenträger wie mich aus 20 cm Abstand sehr gut aus. Die fehlenden Kleineisen fallen erst aus allernächster Nähe auf und sind in Anbetracht der Relation zwischen Preis, Aufwand und optischen Gewinn für die meisten Modellbahner zu verschmerzen.